Mit Musik gegen den Krebs
Thomas Battenstein ist für seine Weihnachts-CDs bekannt. Trotz einer schweren Erkrankung macht er weiter.
Lichtdurchflutet und hell ist sein Wohnzimmer, die Wände weiß gestrichen, im Schrank stehen unzählige CDs und Schallplatten, daneben auf einem Ehrenplatz seine Gitarre. Hier lebt Thomas Battenstein, leidenschaftlicher Gitarrist aus Düsseldorf.
Die angenehme Atmosphäre täuscht darüber hinweg, dass 2016 ein hartes Jahr für den Musiker war. Vor einigen Monaten verstummte seine sonst stets präsente Gitarre. „Eigentlich läuft hier immer Musik, aber zu dieser Zeit war es still“, sagt seine Freundin Carola. Alles fing nach Weihnachten 2015 an. „Ich habe einen Knubbel unter seinem rechten Ohr gefühlt“, erzählt sie. Kurz darauf ging der 65-Jährige zum Hausarzt, es folgten Spezialist und Krankenhaus. Der Grund: ein Rachenkarzinom mit Metastasen an den Lymphdrüsen am Hals. „Diese Erkrankung haben typischerweise Raucher oder Alkoholiker. Ich selbst rauche nicht und trinke höchstens mal ein Glas Bier oder Wein“, sagt Battenstein.
Ein überlebenswichtiger Luftröhrenschnitt musste gemacht werden, und auch sein Zungennerv wurde entfernt. Battenstein lag 30 Tage im Krankenhaus. Daran schloss sich eine Chemotherapie von März bis Mai an – er nahm mehr als 30 Kilogramm ab. „Das war ein hartes Programm“, erinnert sich Carola. Unmittelbar nach der aufwendigen Operation konnte er weder sprechen noch normal essen. Nahrung konnte ihm nur per Magensonde zugeführt werden. „Wir konnten uns über Wochen nicht unterhalten“, erzählt sie. „In dieser Zeit hat Thomas viele Blöcke vollgeschrieben. Ohne Worte kommen ja auch die Emotionen nicht so rüber.“Um den Luftröhrenschnitt zu behandeln, wurden zudem ein Gefäß und Haut aus seinem Unterarm entnommen und am Hals eingesetzt. Bei Komplikationen hätte er vielleicht nie wieder Gitarre spielen können.
Eigentlich wollte der Musiker in diesem Jahr das 25-jährige Bestehen seines Musiklabels „Tomte Music“feiern. Im Gründungsjahr nahm Battenstein 50 Weihnachtslieder auf. „Stille Nacht“ist bis heute eines seiner erfolgreichsten Alben und Jahr für Jahr wieder gefragt in der Adventszeit. Rund 26.000 Kopien hat er davon verkauft – viele davon mit Begleitbüchern zum Mitsingen oder Nachspielen. „Die Leute lieben diese klassischen Lieder. Ein ehemaliger Schüler schrieb mir, dass seine Familie bis heute meine Musik beim Weihnachtsbaumschmücken hört.“
Mit 16 Jahren begann Battenstein, Gitarre zu spielen – das Instrument sollte ihn über fünf Jahrzehnte bis heute begleiten. Während seines Studiums arbeitete der Musiker an einer Schule. „Die Schüler haben mich immer gefragt, wann ich wieder für sie spiele“, erzählt er. Seine Begeisterung für Musik sowie für die Lehre hält bis heute an: Seit über 40 Jahren arbeitet er als freiberuflicher Gitarrenlehrer. Viele seiner Schüler kennt er schon seit mehreren Jahren. „Während meiner Krankheit habe ich per Whatsapp mit meinen Schülern Kontakt gehalten“, sagt er. „Die Eltern der Schüler sagten mir alle, dass sie auf mich warten.“Ur- sprünglich geplant gewesen war eine Neuaufnahme seiner CD „Wintertime“– diese wurde jedoch durch die Krankheit unterbrochen. Carola erinnert sich: „Zu der Zeit ging es ihm so schlecht, dass er nicht einmal Gitarre spielen wollte. Das heißt schon etwas bei ihm.“
Durch die Unterstützung seiner Freundin und seiner Gitarrenschüler kämpfte er sich zurück ins Leben. „Ich habe alles runtergeschluckt“, sagt Battenstein. „Als ich hörte, ich sei erstmal krebsfrei, gab mir das einen Ruck. Damit kehrte für mich auch Lebensqualität zurück. Ich hatte einen Kreativitätsschub und habe wieder Stücke geschrieben. So kam auch meine Freude an der Musik zurück.“
Heute kann er wieder alltägliche Dinge erledigen, Rad fahren und vor allem: Gitarre spielen und neue Lieder komponieren. Zweimal die Woche geht Battenstein zur Logopädie, um das Sprechen wieder vollständig zu lernen und seine Mundmotorik zu verbessern. „Gitarre spielen und Singen gleichzeitig geht nicht. Das vermisse ich sehr“, sagt er.
Doch bald ist Weihnachten – und im Haus des Musikers erklingen wieder leise Gitarrenmelodien.