Schulische Baumaßnahmen
Nirgends haben die Gemeinden so wenig in Schulen investiert wie in NRW. Das zeigt eine neue Studie. Das Land will nun zwei Milliarden Euro geben. Eltern- und Lehrerverbände schlagen dennoch Alarm.
BERLIN/DÜSSELDORF Marode Gebäude, schlechte Ausstattung: Viele Schulen in Nordrhein-Westfalen sind für Schüler, Lehrer und Eltern ein Ärgernis. Wie wenig die Gemeinden in ihre Schulgebäude investierten, zeigt eine noch unveröffentlichte Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, die unserer Redaktion vorliegt. Demnach flossen nur knapp sechs Prozent der gesamten kommunalen Ausgaben für Baumaßnahmen in die Schulen. Nordrhein-Westfalens Kommunen sind damit bundesweites Schlusslicht.
„Die Gemeinden in NRW gaben mit insgesamt 163 Millionen Euro im Jahr 2015 relativ wenig für die allgemeinbildenden und beruflichen Schulen aus“, sagte IW-Forscher Tobias Hentze. Selbst kleinere Bundesländer wie Hessen und Sachsen (je 202 Millionen Euro) und Niedersachsen (244 Millionen) hätten in absoluten Werten mehr investiert. Und die Spitzenreiter Schleswig-Holstein und Bayern kämen mit mehr als 20 Prozent auf gut dreimal höhere Anteile, so Hentze.
Beim Städte- und Gemeindebund ist das Problem bekannt. „Die Kom- munen in Deutschland schieben einen Investitionsrückstand in Höhe von 136 Milliarden Euro vor sich her“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. Allein 34 Milliarden Euro davon entfielen auf Schulen und die Erwachsenenbildung. In NRW seien dafür aber zuerst andere verantwortlich, sagte der Chef des NRW-Gemeindebundes und Soester Bürgermeister Eckhard Ruthemeyer (CDU): „Dass es zu einem Investitionsstau kam, hängt vor allem mit dem Strukturwandel in unserer Region und den jahrzehntelangen Soli-Zahlungen an ostdeutsche Länder zusammen.“
Die desolate Finanzlage geht dabei längst zulasten der Bildungsqualität. So ergab die neue Studie des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen, dass in NRW die Deutsch-Lesekompetenzen der Schüler deutlich unter dem Bundesschnitt liegen. Zudem bleibt NRW Schlusslicht bei den Ausgaben je Schüler, obwohl diese bereits von 4700 Euro im Jahr 2007 auf 5700 Euro in 2013 gestiegen.
Die Landesregierung will nun gegensteuern und – neben den insgesamt 3,5 Milliarden Euro aus Berlin für die gesamte Republik – mit dem als Anteil an den gesamten Baumaßnahmen der Kommunen
In Prozent für das Jahr 2015
Schleswig-Holstein
Bayern
Sachsen
Niedersachsen
Hessen
Baden-Württemberg
Länderschnitt
Brandenburg
Berlin
Sachsen-Anhalt
Thüringen
Rheinland-Pfalz
Saarland
Bremen
M.burg-Vorpommern
NRW Programm „Gute Schule 2020“über vier Jahre verteilt zwei Milliarden Euro an die Kommunen geben. Die sollen damit ihre Schulen modernisieren können, das Land bleibt für die Bezahlung der Lehrer zuständig. Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) sprach davon, den Kommunen ein fairer Partner zu sein. Beim Gemeindebund und dem IW begrüßt man das Programm. Forscher Hentze kritisiert jedoch, dass die Kreditfinanzierung der Mittel über die NRWBank mehr Risiken für den Steuerzahler zufolge habe.
Aus Sicht von Eltern und Lehrern reicht das Programm nicht aus. „Beim derzeitigen Zustand der Schulen sind 500.000 Euro pro Jahr lachhaft wenig“, sagte die Vorsitzende des Elternvereins NRW, Regine Schwarzhoff. Ihr würden Eltern von defekten Toiletten und Heizungen, kaputten Fenstern und heruntergekommenen Möbeln berichten. Auch der Chef des Philologenverbandes in NRW, Peter Silbernagel, wünscht sich mehr Geld. Gerade bei der Ausstattung mit digitaler Infrastruktur müsse viel mehr geschehen.