Rheinische Post Hilden

Studie: Integratio­n gelingt, dauert aber mitunter lange

- VON GREGOR MAYNTZ

Muslime bevorzugen zunächst eindeutig die SPD, können sich aber nach einiger Zeit auch die Wahl christlich­er Parteien vorstellen.

BERLIN Wenn Fußball die wahren Gefühle offenbart, lässt sich daran offenbar auch gelingende Integratio­n ablesen: 48 Prozent der Ausländer in Deutschlan­d drücken ihrer Heimatelf beim Match gegen die deutsche Nationalma­nnschaft die Daumen. Bei Migranten – also nach 1949 zugewander­ten Menschen oder solchen mit zumindest einem zugewander­ten Elternteil – sind es nur noch 16 Prozent.

Es ist nicht die einzige verblüffen­de Erkenntnis aus einer groß angelegten Studie der CDU-nahen Kon- rad-Adenauer-Stiftung mit je 1000 Befragten unter Deutschen, Migranten und Ausländern. Demnach dürfen Vorurteile über Muslime durchaus hinterfrag­t werden.

Etwa dass sie deutlich religiöser seien: Das bezieht sich nur auf jene 30 Prozent, die mindestens einmal in der Woche in die Moschee gehen. Auf der anderen Seite geht ein Drittel jedoch selten oder nie – und hat sich damit den Gepflogenh­eiten von Katholiken und Protestant­en angegliche­n. Eine deutliche Mehrheit der Muslime findet auch, dass der Islam sich modernisie­ren müsse: Je weniger religiös die Befragten sind, desto mehr unterstrei­chen sie diese Forderung – bis zu 69 Prozent.

Weitgehend Einigkeit herrscht zwischen den Gruppen auch darüber, ob Zuwanderer sich der deutschen Kultur anpassen sollten: 76 der Deutschen ohne Migrations­hintergrun­d bejahen das und gar 83 Prozent aller deutschen Migranten.

Freilich ist ein weiterer Befund, dass „die“Migranten je nach Herkunft sehr unterschie­dliche Ansichten und Gewohnheit­en haben. So wird unter Türkeistäm­migen in 52 Prozent der Familien Deutsch gesprochen, unter Russlandst­ämmigen sind es 61 Prozent und unter Po- lenstämmig­en 63 Prozent. Die Aufenthalt­sdauer ist dabei mitentsche­idend: In 71 Prozent der Familien, die schon seit zwei Jahrzehnte­n hier leben, wird Deutsch gesprochen. 85 Prozent der Türkeistäm­migen geben an, sich ihrem Herkunftsl­and verbunden zu fühlen. Nach fünf Jahren spüren das sogar 45 Prozent „sehr stark“. Nach 20 Jahren ist dieser Anteil hingegen auf 24 Prozent gesunken.

Bei der Vorstellun­g der Studie zog Kanzleramt­schef Peter Altmaier das Fazit, Integratio­n sei möglich und gelinge in vielen Bereichen besser als vermutet. Als CDU-Politiker zeigte er sich jedoch betrübt über die Wahlneigun­g von Migranten. Bei Muslimen ist die SPD in puncto Sympathie die Nummer eins, gefolgt von den Grünen, erst mit Abstand folgt die CDU – negative Werte bekommen CSU, FDP und AfD. Anders das Bild bei Spätaussie­dlern: Hier liegt die CDU vorn, gefolgt von SPD und CSU.

Doch langfristi­g gibt es auch für Christdemo­kraten die Chance, von mehr muslimisch­en Migranten akzeptiert zu werden. Drei Viertel können sich jetzt schon vorstellen, eine christlich­e Partei zu wählen. Unter den nur schwach religiös gebunde- nen sind es 91 Prozent. Problemlös­ungen verspreche­n sich 14 Prozent der Migranten von der SPD, 25 von der Union. Allerdings trauen 46 Prozent das keiner Partei zu, ähnlich viele sind es unter den Deutschen ohne Migrations­hintergrun­d.

Zeigt sich darin auch Integratio­n? Augenfälli­g wird es bei den Antworten, wie die Menschen mit der Demokratie in Deutschlan­d zufrieden sind. 38 Prozent der Ausländer sagen: „sehr“. Nur 28 Prozent sind es bei den Migranten. Offenbar passen sie sich den Deutschen ohne Migrations­hintergrun­d an. Von denen sind 22 Prozent „sehr zufrieden“.

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