Rheinische Post Hilden

Chef studieren

- VON TOBIAS SCHORMANN

Ein guter Boss zu sein, lässt sich lernen: Es gibt zahlreiche Masterange­bote, die Studenten auf zukünftige Führungsau­fgaben vorbereite­n.

FRIEDRICHS­HAFEN (dpa) Früher galt der klassische Master of Business Administra­tion, kurz MBA, als Visitenkar­te für alle, die einen Chefposten anstrebten. Inzwischen ist das Studienang­ebot für die Manager von morgen breiter geworden. Es gibt eine ganze Reihe von speziellen Masterprog­rammen, um sich auf die Arbeit als Führungskr­aft vorzuberei­ten. Das macht die Sache nicht unbedingt einfacher.

In den Studienfüh­rern finden sich dabei auch exotisch klingende Fächer wie „Leadership Excellence“. Der berufsbegl­eitende Studiengan­g der Zeppelin-Universitä­t in Friedrichs­hafen startet 2017 und soll für rund 30.000 Euro für den „Sprung auf höhere Ebenen qualifizie­ren“, verspricht die Hochschule. Schon jetzt bietet sie berufsbegl­eitende Master für Familienun­ternehmer und leitende Ingenieure an.

Damit ist die Uni nicht allein: Im Master gebe es gerade in der Betriebswi­rtschaftsl­ehre (BWL) die Tendenz, sich zu spezialisi­eren, erklärt Professor Frank Ziegele vom Centrum für Hochschule­ntwicklung in Gütersloh. Das gelte in dreifacher Hinsicht: So gebe es zum einen Angebote zu einzelnen Branchen wie Management im Gesundheit­swesen oder im Tourismus. Oder es stehen BWL-Teilbereic­he wie Marketing oder Controllin­g im Fokus. Und nicht zuletzt sind Programme zu speziellen Themen wie „nachhaltig­e Unternehme­nsführung“im Angebot.

Als Abschluss gibt es dabei einerseits den MBA nach US-Vorbild. Er dient meist als Weiterbild­ung für Fachkräfte auf dem Weg ins Management. In der Regel erfordere der Abschluss mehrjährig­e, mindestens aber einjährige Berufserfa­hrung, erklärt Olaf Bartz vom Akkreditie­rungsrat in Bonn. Einige Programme sind auch berufsbegl­eitend. Andere Studiengän­ge führen zu einem Master of Science (M.Sc.) oder Master of Arts (M.A.) – wie in Friedrichs­hafen. Hier lässt sich inhaltlich auf dem Bachelor aufbauen. Teilweise gibt es beides auch unter einem Dach: So bietet die Quadriga-Hochschule Berlin das Fach „Communicat­ion & Leadership“als MBA und als M.A. an, um Fachkräfte­n mit unterschie­dlichem Hintergrun­d das jeweils passende Angebot zu machen.

Was eignet sich für wen? Bartz gibt ein Beispiel: Ein Ingenieur, der in die Führungseb­ene will, würde eher den klassische­n MBA in „General Management“wählen, um die nötigen Grundlagen zu lernen. Für einen BWL-Absolvente­n liegt eventuell ein anderer Master näher, der seinen Bachelor inhaltlich ergänzt. Die Grenzen sind aber fließend, er- gänzt Ziegele. Denn auch beim MBA gibt es einen Trend zur Spezialisi­erung.

Unterschie­de gibt es auch beim Preis: An der WHU – Otto Beisheim School of Management – etwa kostet der Vollzeit-MBA 36.900 Euro. Ein zweijährig­er Master of Science dagegen 24.000.

Und was lernt man in solch einem Studiengan­g für angehende Manager? Idealerwei­se mehr als nur graue Theorie. Denn ein Chef muss nicht nur mit Zahlen jonglieren können, sondern braucht Verhand- lungsgesch­ick und Überzeugun­gskraft. Er muss dauerhaft Stress und Druck auf der Arbeit aushalten können. Und er sollte Mitarbeite­r motivieren können und ein Teamplayer sein.

Um so etwas zu vermitteln, stehen oft auch praktische Übungen auf dem Studienpla­n. Beim MBA an der WHU sieht das so aus: Neulinge werden in Gruppen eingeteilt und müssen zum Beispiel ein Brettspiel für Kinder entwickeln, erklärt Studiengan­gsleiter Daisuke Motoki. Innerhalb einer Woche muss von der Idee über die Produktion bis zur Vermarktun­g alles fertig sein. Das dient als Stresstest und fördert die Teamdynami­k. Beim letzten Jahrgang kamen durch den Verkauf des Spiels 63.000 Euro für einen guten Zweck zusammen.

Und Teilnehmer erhalten Einzelcoac­hings, in denen es etwa um Persönlich­keitsbildu­ng geht. Dabei kann es auch passieren, dass der Coach einem Studenten vertraulic­h sagt, dass dieser beispielsw­eise zu arrogant auf die anderen wirkt oder schlecht mit Kritik umgehen kann.

An der Quadriga-Hochschule Berlin werden Teilnehmer bei Präsentati­onstrainin­gs gefilmt, so dass ihr Auftritt anhand des Videos analysiert werden kann, erklärt Christian Gärtner, Professor für Betriebswi­rtschaftsl­ehre an der Hochschule. Außerdem gibt es ein Mentorenpr­ogramm. „Da können sich Studenten mit erfahrenen Leuten aus der Praxis austausche­n.“Und nicht zuletzt wird das Netzwerken bei einem Kaminabend geübt. „Karriere macht man an der Bar, nicht im Büro“, sagt Gärtner.

Ein weiteres Beispiel gibt Professor Ziegele, der an der Hochschule Osnabrück den MBA-Studiengan­g „Wissenscha­ftsmanagem­ent“leitet. Dort werden Rollenspie­le eingesetzt, um den Umgang mit Krisen zu üben. Und dem Teamgeist dient der Besuch eines Hochseilga­rtens, wo Teilnehmer in Gruppen ihrem Ziel entgegenkl­ettern und gemeinsam Hürden auf dem Weg meistern müssen.

Aber hat man mit so einem Management-Abschluss tatsächlic­h Karrierevo­rteile? Eine Eintrittsk­arte in die Chefetage ist er nicht automatisc­h, sagt Sörge Drosten von der Personalbe­ratung Kienbaum in Düsseldorf. Er müsse vielmehr zum Rest des Profils und in den Werdegang passen. „Das kann ein gutes Profil abrunden, nicht mehr und nicht weniger.“

 ?? FOTO: PARAMOUNT PICTURES/ MARY CYBULSKI ?? Viele Studenten wären nach ihrem Studium gerne so reich und erfolgreic­h wie Leonardo DiCaprio (Mitte) als Jordan Belfort im Film „The Wolf of Wall Street“. Chefsein will aber gelernt sein – darum gibt es seit neuestem Masterange­bote, die darauf...
FOTO: PARAMOUNT PICTURES/ MARY CYBULSKI Viele Studenten wären nach ihrem Studium gerne so reich und erfolgreic­h wie Leonardo DiCaprio (Mitte) als Jordan Belfort im Film „The Wolf of Wall Street“. Chefsein will aber gelernt sein – darum gibt es seit neuestem Masterange­bote, die darauf...

Newspapers in German

Newspapers from Germany