Stadtrat vertagt Gesundheitskarte für Flüchtlinge
Erste Erfahrungsberichte des Landesgesundheitsministeriums und der Krankenkasse liegen erst Mitte 2017 vor.
HILDEN Die Stadt Hilden hat die Entscheidung über die Einführung einer Gesundheitskarte für Flüchtlinge erneut zurückgestellt. Das haben alle Fraktionen im Sozialausschuss beschlossen. Hintergrund: Eine Gesundheitskarte für Flüchtlinge bedeute mehr Kosten und Aufwand, fürchtet die Verwaltung. Erste Erfahrungsberichte des Landesgesundheitsministeriums und der Vertragskrankenkasse liegen erst Mitte 2017 vor, erläuterte MarieTherese Barbezat-Rosdeck, Leiterin des Amts für Soziales und Integration. Bis dahin wurde eine Entscheidung vertagt.
Im September 2015 hatten die Grünen beantragt, Asylbewerber mit einer elektronischen Gesundheitskarte auszustatten. Sie könnten dann direkt – ohne Umweg über das Sozialamt – einen Arzt ihrer Wahl aufsuchen. Die Kosten würde die Vertragskrankenkasse mit der Stadt abrechnen. Dieses Verfahren werde zu „erheblichen Mehrkosten“führen, fürchtet Bürgermeisterin Birgit Alkenings. Laut Asylbewerberleistungsgesetz stehen den Flüchtlingen in den ersten 15 Monaten ihres Aufenthalts nur begrenzte medizinische Leistungen zu. Sie beinhalten Impfungen, die Behandlung von Schmerzen und akuten Erkrankungen. Nur werdende Mütter erhalten den vollen Leistungsumfang. Mit der Gesundheitskarte könnten Flüchtlinge auch Zahnbehandlungen, Heil- und Hilfsmittel oder Massagen (mit ärztlicher Verordnung) in Anspruch nehmen. Die Kommune müsste sich gegenüber der Krankenkasse unter anderem verpflichten, die Flüchtlinge anund umzumelden, ihre Identität festzustellen sowie Ersatzansprüche gegenüber den Kassen beizutreiben. „Bei Fehlentscheidungen der Krankenkasse verbleibt das vollständige Prozessrisiko bei der Kommune“, so Barbezat-Rosdeck. Die Stadt könne nicht ausschließen, dass die Gesundheitskarte trotz Foto an andere weitergegeben wird. Zudem wäre die Kommune verpflichtet, die Gesundheitskarte auch wieder einzuziehen, etwa wenn Asylanträge abgelehnt werden. „Das ist in vielen Fällen prak- tisch unmöglich“, betont die Amtsleiterin. Die Krankenkassen verlangen zudem eine Verwaltungsgebühr: acht Prozent der entstehenden Leistungsaufwendungen, mindestens aber zehn Euro pro ange- fangenem Monat und Flüchtling. Dazu zehn Euro pro ausgegebene Gesundheitskarte. Dazu jährlich zehn Euro pro Flüchtling, wenn der medizinische Dienst der Krankenkassen beteiligt ist. „Die Verwaltungskosten für die Gesundheitskarte übersteigen in erheblichem Maß die Kosten für den bisherigen Aufwand“, fasst die Bürgermeisterin zusammen.
Im Kreis Mettmann haben die Kommunen die Flüchtlinge bei der Novitas BKK versichert. Die Krankenkasse hat noch kein Quartal des Jahres 2016 abgerechnet. Für Hilden sind im ersten Quartal 2016 pro Asylbewerber durchschnittlich 198,56 Euro Krankenkosten abgerechnet worden. Das endgültige Ergebnis stehe wegen ausstehender Rechnungen noch nicht fest, so Barbezat-Rosdeck. Weder in Monheim, das die Gesundheitskarte für Flüchtlinge zum 1. Januar 2016 einführte, noch im Landesgesundheitsministerium liegen bislang erste Erfahrungsberichte vor.