So soll Deutschland sicherer werden
Mit einer Serie von Konzepten für eine neue Sicherheitsarchitektur startet die Politik ins Jahr. Ein analytischer Vergleich.
BERLIN Nach Magen-OP und Weihnachtspause überraschte SPD-Chef Sigmar Gabriel nicht nur das Fernsehpublikum mit einem Entwurf für mehr Sicherheit in Deutschland, sondern auch die eigenen Sicherheitsexperten. Die fanden nach der ersten Lektüre des siebenseitigen Papiers unter der Überschrift „Zeit für mehr Sicherheit in Zeiten wachsender Unsicherheit“nicht nur Verschärfungen im Vergleich zum Wahlkampf-Entwurf vom November, sondern auch Abschwächungen gegenüber Positionsveränderungen, die nach dem Weihnachtsmarkt-Attentat formuliert worden waren.
Gabriels Papier liest sich über weite Strecken wie eine kritische Analyse typischer SPD-Reflexe. Die Sozialdemokratie treibe nun einmal die Sorge um, dass eine Stärkung des Staates mit der Einschränkung von Bürgerrechten und mehr Möglichkeiten des staatlichen Machtmissbrauchs einhergehen könne. Konkret: „Die zweite Gefahr ist die reflexhafte Abwehr einer sicherheitspolitischen Diskussion, weil sie in den sozialdemokratisch geführten Bundesländern von der konservativen Opposition genutzt werden könnte, den SPD-Innenministern ,Versagen’ vorzuwerfen.“
Die Reflexe will Gabriel am liebsten unterbinden. Auf der einen Seite beruft er sich auf ein „Grundrecht auf Sicherheit“und definiert das Gewährleisten von Schutz als „Verteilungsthema“– die SPD also als Schutzpatronin des kleinen Mannes. Auf der anderen Seite markiert er vermeintlich scharfe Grenzen zur Union. So verwendet er große Anstrengungen darauf, die von CDU/ CSU verlangten Transitzonen als „Scheinlösungen“zu entlarven. Schließlich hätten sich „alle Täter des Jahres 2016 deutlich nach ihrer Einreise radikalisiert und nicht vor der Einreise“.
Gabriel appelliert an die SPD, ihrer Verantwortung gerecht zu werden, die daraus erwachse, dass innere Sicherheit vor allem Länderaufgabe sei und die SPD in den meisten Ländern regiere. Sie solle dabei anders als angeblich die Union nicht nur die Repression verstärken, sondern auch die Vorbeugung. „Jugend- und Sozialarbeit in Flüchtlingsunterkünften darf nicht in so homöopathischen Dosen stattfinden wie zur Zeit“, fordert Gabriel. Neue Bezugspunkte auch auf anderen Feldern: Prävention durch Zusammenarbeit mit Moscheegemeinden und gleichzeitig „Schließung radikal-islamischer und salafistischer Moscheen“.
Es liest sich wie der Versuch, auf breiter Front beizudrehen: vom verschlankten Datenschutz über mehr Video-Überwachung, Fußfesseln für Gefährder, leichtere Abschiebehaft bis hin zum Aufbau eines AntiIS-Propaganda-Netzwerkes.
Innenminister Thomas de Maizière von der CDU muss nicht beidrehen. Denn er hat die vielen Punkte, die nun als Konsequenz aus dem Weihnachtsmarkt-Attentat gefordert werden, bereits vergangenen Sommer vorgelegt, im Herbst sogar als Gesetzentwurf, wurde aber von der SPD ausgebremst. Etwa bei der Möglichkeit, Gefährder in Ab-
GerdaHasselfeldt
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