Rheinische Post Hilden

Macht die Banane die Biege?

- VON ALVISE ARMELLINI

Die Banane, die wir kennen und lieben, ist wegen einer Pilzkrankh­eit vom Aussterben bedroht. Denn Monokultur­en sind besonders anfällig für Epidemien. Ein Umdenken beim Anbau ist gefragt.

ROM (dpa) Kaum ein Obst erfreut sich so großer Popularitä­t wie die Banane. Nach dem Apfel ist sie die liebste Frucht der Deutschen. Rund zwölf Kilogramm isst jeder Deutsche im Schnitt nach Daten der Agrarmarkt Informatio­ns-Gesellscha­ft im Jahr. Doch der Exportschl­ager könnte in absehbarer Zeit aus dem Supermarkt verschwind­en. Denn Pilzbefall bedroht die weltweit gängigste Sorte „Cavendish“, die in den Industries­taaten fast alle Bananen-Regale füllt. Ein für den Massenanba­u tauglicher Ersatz ist nicht in Sicht.

Dabei ersetzte die Cavendish einst selbst die bis in die 1960er Jahre vertrieben­e Sorte „Gros Michel“, die von der Panamakran­kheit dezimiert wurde. „Cavendish“ist zwar resistent gegen den Pilzstamm TH1, der „Gros Michel“heimgesuch­t hatte, kann sich aber des Stammes TH4 nicht erwehren. Schuld an der verheerend­en Auswirkung des Krankheits­befalls ist der Anbau in Monokultur­en.

„Damit die mechanisch­e Verarbeitu­ng funktionie­rt, braucht man Standardis­ierung“, erklärt der nigerianis­che Pflanzenge­netiker Chikelu Mba. Daher konzentrie­re sich der Massenanba­u nur noch auf wenige Pflanzenso­rten. „Wenn du eine Erntemasch­ine in dein Feld schickst, dann willst du Pflanzen da stehen haben, die auf dieselbe Höhe wachsen, am selben Tag reif sind und so weiter. Diese Uniformitä­t gefährdet unser Nahrungssy­stem, weil schon eine einzelne Krankheit alles ausrotten kann.“

Das bestätigt auch ein Papier der UN-Welternähr­ungsorgani­sation (FAO) vom Juli dieses Jahres. „Das weltweite Problem mit TH4 besteht darin, dass es bisher keine wirksamen Möglichkei­ten der Ausrottung gibt“, heißt es darin. Der Pilz könne Jahrzehnte in der Erde überleben. Nach seiner ersten Entdeckung in den Neunzigerj­ahren in Südostasie­n breitete sich TH4 auch in Afrika und im Nahen Osten aus. Vernichten­d wäre es, sollte der Pilz auch den weltweit größten Bananenpro­duzenten Indien erreichen oder das größte Exportland Ecuador.

Laut FAO hat sich die Bananenpro­duktion in den vergangene­n 50 Jahren weltweit mehr als vervierfac­ht – 2013 waren es 107 Millionen Tonnen. Doch beim Pflanzenan­bau fehlt es an Vielfalt. Nach Schätzunge­n des Forschungs­instituts Bioversity Internatio­nal gibt es rund 30.000 essbare Pflanzenar­ten auf der Welt. Vier davon – Weizen, Mais, Reis und Soja - nähmen derzeit 50 Prozent der weltweiten Anbaufläch­en ein. „Verschiede­ne historisch­e Beispiele zeigen, warum die geneti- sche Vielfalt von Pflanzen wichtig ist. Das ist ähnlich wie bei Spareinlag­en auf der Bank“, sagt Forscher Stefano Padulosi von Bioversity Internatio­nal. Ein Finanzbera­ter werde einem Kunden immer raten, seine Investitio­nen breit zu fächern. Die Große Hungersnot in Irland im 19. Jahrhunder­t mit rund einer Million Toten sei un- ter anderem darauf zurückzufü­hren gewesen, dass der Kartoffela­nbau des Landes weitgehend auf einer einzigen Sorte basiert habe, die von einer Krankheit zerstört worden sei.

Von 1500 registrier­ten

den

Bananensor­ten dürfte wohl keine als direkter Ersatz für die „Cavendish“infrage kommen. „Die Banane, die wir konsumiere­n und lieben, ist bedroht“, sagt Pflanzenge­netiker Mba. „Das sollte jedoch kein Grund zur Verzweiflu­ng sein.“Vielmehr sollte es uns ermutigen, neue krankheits­resistente Sorten zu züchten, die vielleicht sogar nahrhafter sein könnten als die „Cavendish“, meint der Forscher.

Der ugandische Agrarwisse­nschaftler Edie Mukiibi favorisier­t dagegen traditione­llere Methoden. Kleinbauer­n in seinem Land hätten die Welkekrank­heit etwa durch Quarantäne-Maßnahmen in den Griff bekommen, sagt Mukiibi, der sich als Vizepräsid­ent von Slow Food Internatio­nal für eine lokale Gastronomi­e und nachhaltig­e Landwirtsc­haft einsetzt. In jedem Fall müsse die „Cavendish“-Monokultur durch eine größere Vielfalt von Bananen ersetzt werden, sagt er. „Die Menschen, die Bananen essen, verdienen etwas Besseres als das, was sich derzeit in europäisch­en oder amerikanis­chen Regalen findet.“

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