Deutschland gewinnt WM-Test souverän
Beim 30:21 gegen Rumänien in Krefeld glänzt Torhüter Silvio Heinevetter. Die Partie zeigt aber auch Baustellen auf.
KREFELD Nach Niederlagen hört man oft, dass man daraus lernen könne. Dagur Sigurdsson kann mit dieser Sichtweise wenig anfangen. Der Isländer, der am Monatsende seine im September 2014 begonnene, erfolgreiche Arbeit als HandballBundestrainer beenden und künftig in Japan arbeiten wird, will immer gewinnen. „Siege sind auch lehrreich, und sie sind zudem gut fürs Selbstvertrauen“, lautet seine Maxime. Gestern gab es für sein Team vor 7349 Zuschauern in der ausverkauften Krefelder Sporthalle einen 30:21-(17:9)-Sieg gegen Rumänien.
Finn Lemke, eigentlich der Chef der Abwehr, hatte sich gerade mal wieder in die gegnerische Hälfte verirrt, doch der Angriff verpuffte. Auf dem Weg zurück reckte er die linke Faust nach oben und zeigte zu dem Mann der ersten Halbzeit: Silvio Heinevetter. Der Torhüter des Bundesligisten Füchse Berlin ließ die gegnerischen Werfer fast verzweifeln. 16 Würfe wehrte der 32Jährige ab. Wenn es nicht mit Händen oder Füßen war, dann musste halt die Stirn her. Damit lenkte er kurz vor dem Ende der ersten Halbzeit einen Strafwurf von Valentin Marian Ghionea über das Tor. Als Heinevetter nach 40 Minuten (22:13) den Platz frei machte für Andreas Wolff, hatte er sich den Beifall verdient. „Sehr gute Leistung von Heine, da kann man nur den Hut vor ziehen“, meinte Wolff dann auch anerkennend.
Zehn Tage vor dem WM-Auftaktspiel in Rouen gegen Ungarn zeigte der Gastgeber vor allem in der Abwehr in den ersten 30 Minuten eine starke Leistung. Im Angriff klappte bereits in der ersten Halbzeit nicht alles, was aber nach gerade einmal drei Trainingstagen auch nicht verwunderte. Im zweiten Abschnitt hatten die Deutschen beim 20:10 erstmals eine zweistellige Führung, dann aber kam ein Bruch. Trainer Sigurdsson, der alle 17 Spieler einsetzte (Rechtsaußen Tobias Reich- mann fehlte wegen muskulärer Probleme), nahm es unbewegt zur Kenntnis. Die Unaufmerksamkeiten beim Torwurf, beim Abspiel und in der Abwehr werden ein Thema der nächsten Tage sein. „Es wird auf die Kleinigkeiten ankommen. Man hat allerdings gemerkt, dass es erst der 3. Januar ist. Das Zusammenspiel in Angriff kann und wird bes- ser werden“, sagte Sigurdsson. „Wir können und werden überall noch drauf packen.“.
Als die Rumänen auf 19:25 verkürzt hatten, rissen sich die Hausherren noch einmal zusammen und legten zu. Erfolgreichste Werfer waren Rechtsaußen Patrick Groetzki (6), die Linksaußen Uwe Gensheimer (5/davon zwei Strafwürfe) und Rune Dahmke sowie Kreisläufer Yannik Kohlbacher (je vier). Zehn Feldspieler erzielten mindestens ein Tor – eine Qualität des Europameisters und Olympia-Dritten, der bis zur WM-Generalprobe am Montag in Kassel gegen Österreich aber noch viel Arbeit hat. „Das waren zu viele Fehler. Bei einem großen Turnier werden die gnadenlos bestraft“, sagte Gensheimer. Und Rückraumspieler Julius Kühn bekannte: „Wir wollten in der zweiten Halbzeit noch einen Gang zulegen. Das ist uns nicht gelungen.“
Der Star des Gegners, der versucht, sich an die stärksten europäischen Teams heranzuarbeiten, saß übrigens auf der Bank. Xavier Pascual, in Personalunion Erfolgstrainer des FC Barcelona, arbeitet seit Sommer 2016 mit den rumänischen Spielern. Ein 26:23 in der EM-Qualifikation gegen den deutschen WMGruppengegner Weißrussland, mehr noch drei Tage später ein 26:23 gegen Polen hatten aufhorchen lassen. In Krefeld aber war Pascuals Team chancenlos.