Dem Darts-Sport droht die Langeweile
Der neue Weltmeister Michael van Gerwen wird neue Gegner brauchen, damit es spannend bleibt.
DÜSSELDORF/LONDON „Wenn es ein Spieler verdient hat, diese WM zu gewinnen, dann ist das Michael van Gerwen.“Die Respektbekundungen für den neuen Darts-Weltmeister kamen vom entthronten Champion Gary Anderson. Und sie klangen aufrichtig. Der beste Spieler des vergangenen Jahres war auch der beste Spieler des größten Titels, den es im Dartssport zu gewinnen gibt. Nach seinem überraschenden Achtelfinal-Aus bei der WM 2016 hatte „MvG“fast alles gewonnen, was es zu gewinnen gab. Bei den wichtigen Turnieren, die auch im Fernsehen übertragen werden, war der Niederländer schier unschlagbar.
Die Dominanz, die van Gerwen zeigte, erinnert an Darts-Legende Phil Taylor. Doch während Taylor seine Gegner häufig zermürbte, indem er immer und immer wieder in entscheidenden Momenten zur Stelle war, beherrscht van Gerwen seine Matches meist von Anfang bis Ende. Wer seine Matches bei der WM im Londoner Ally Pally verfolg- te, bekam einen Eindruck von dieser Facette des Sports. Denn der Niederländer war auf seinem Weg zum Titel einfach nicht aufzuhalten. Sein Landsmann Raymond van Barneveld zeigte im Halbfinale eine herausragende Leistung – und konnte trotzdem nur in der Anfangsphase mithalten. Ähnlich ging es dem Schotten Anderson, der im Finale zwar mehr 180er warf, 22 – ein neuer Rekord im Darts –, aber trotzdem nur vier Sätze lang auf Augenhöhe mit van Gerwen war. 180 ist die höchste Punktzahl, die man mit drei Pfeilen erzielen kann.
„Ich bin wirklich glücklich, denn ich habe sehr hart dafür gearbeitet“, sagte van Gerwen, der auch bei den vergangenen beiden Weltmeisterschaften als Favorit ins Turnier gegangen war, dieser Rolle aber nicht gerecht werden konnte. Umso eindrucksvoller hielt er dem Druck in diesem Jahr stand. Die schlechte Nachricht für seine Gegner: Van Gerwen ist erst 27 und damit deutlich jünger als seine größten Konkurrenten. Ein Ende der Dominanz ist nicht in Sicht.
Die großen Zeiten von Taylor sind vorbei, der 56-Jährige beendete nach seinem Viertelfinal-Aus zwar Spekulationen um ein Karriereende, aber den großen Wurf traut ihm kaum noch jemand zu. Anderson (46) und van Barneveld (49) trieben van Gerwen zu Höchstleistungen an, können bei seiner Konstanz aber auf Dauer nicht mithalten. Und auch sie werden nicht jünger. Der zweimalige Weltmeister Adrian Lewis (England) gehört mit seinen 31 Jahren zwar zur selben Generation wie van Gerwen, konnte in den vergangenen Jahren jedoch nur selten an die Form seiner zwei WM-Titel von 2011 und 2012 anknüpfen.
Und so sind neue Namen gefragt. Bei der diesjährigen WM war es der 29-jährige Spanier Cristo Reyes, der van Gerwen in der zweiten Runde bei seiner 2:4-Niederlage gefährlich nah kam. Ein Mann für die Zukunft ist der australische Jugendweltmeister Corey Cadby, der in London zwar in der ersten Runde scheiterte, in einem hochklassigen Match gegen Joe Cullen (England) aber bleibenden Eindruck hinterließ.
Auch über einen deutschen Star würde sich der Darts-Verband freuen. Selbst ohne ein Aushängeschild boomt der Sport hierzulande, die Quoten steigen von Jahr zu Jahr. In diesem Jahr war der Ally Pally an einigen Tagen gesanglich fest in deutscher Hand. Kaum auszudenken, was passiert, wenn ein Deutscher durchstartet. Mit 20 hat Max Hopp noch Zeit, sich auf lange Sicht als Rivale von van Gerwen zu etablieren, was aber schwer vorstellbar ist.