Skispringer fühlen sich als Verlierer
Wellinger sprint Schanzenrekord, dennoch sind die Deutschen ernüchtert.
BISCHOFSHOFEN (dpa) Andreas Wellinger winkte nach seinem Erfolg in der Qualifikation gut gelaunt in die Kameras und freute sich über den Siegerscheck von 2000 Euro. Mit dem Schanzenrekord von 144,5 Metern weckte der Team-Olympiasieger Hoffnungen auf einen versöhnlichen Abschluss für die deutschen Skispringer heute beim Finale der 65. Vierschanzentournee (16.45 Uhr/ZDF und Eurosport). „Das war mein erster Schanzenrekord“, sagte Wellinger nach seinem Coup in Bischofshofen. Er hatte schon im Training überzeugt. Sein Flug auf 144,5 Meter, mit dem er die zwölf Jahre alte Bestmarke des Japaners Daiki Ito um eineinhalb Meter verbesserte, toppte dann alles. „Ich habe relativ schnell gemerkt, dass es weit geht“, berichtete der 21-Jährige.
Im K.o.-Duell des ersten Durchgangs trifft er auf Markus Eisenbichler, der auf die Qualifikation verzichtete. „Ihm liegt die Schanze, daher soll er seine Kräfte bündeln. Er ist nach den Strapazen der vergangenen Tage müde und nicht ganz fit“, begründete Schuster die Maßnahme. Wie Wellinger erwischte auch Stephan Leyhe einen guten Tag. An seinem 25. Geburtstag sprang er mit 142 Metern auf Rang drei und stellte zufrieden fest: „Momentan funktioniert es einfach super.“Karl Geiger als Siebter und Richard Freitag, der auf Rang 31 aller- dings erneut hinter den Erwartungen blieb, schafften ebenfalls den Sprung ins Hauptfeld. Um die Tournee-Krone kämpfen der Pole Kamil Stoch und Daniel Andre Tande aus Norwegen. Während sich der nach seinem Sturz am Vortag im Probedurchgang in Innsbruck an der Schulter lädierte Stoch nach einem klasse Trainingssprung auf 141 Meter voller Zuversicht vorzeitig ins Team-Hotel verabschiedete, musste Tande als 39. der Qualifikation einen Rückschlag verkraften.
Für die deutschen Springer geht es heute um einen Podestplatz, der ihnen bisher verwehrt blieb und im Hinblick auf den weiteren Saisonverlauf guttun würde. Denn schon vor dem Finale musste Schuster eingestehen: „Wir gehören leider zu den Geschlagenen. Wir sind vorne dabei, aber leider zu weit weg vom Podest.“Seit Sven Hannawald, der 2001/02 mit seinem einzigartigen Grand Slam Skisprung-Geschichte schrieb, warten die Fans vergeblich auf den Gesamtsieg.
Noch bitterer: In den ersten drei Wettbewerben reichte es nicht einmal zu einem Podestplatz. „Man muss jetzt die Moral hochhalten und versuchen, einen guten Abschluss zu schaffen. Wir müssen weiterarbeiten, damit wir auch mal einen deutschen Tag erleben“, formulierte der Bundestrainer vor der Qualifikation das Ziel.
Statt Eisenbichler, der trotz seines Absturzes am Bergisel in Innsbruck als Gesamt-Sechster immer noch seine beste Vierschanzentournee absolviert, ist Wellinger der größte Hoffnungsträger. „Die Qualität seiner Sprünge wird besser“, lobte Schuster. „Er hat heute drei tolle Versuche gezeigt.“
Das gibt Auftrieb, nachdem in Severin Freund der Siegspringer der vergangenen Jahre verlorengegangen ist. Schon vor seiner Erkrankung, die Freund zur vorzeitigen Abreise zwang, war der formschwache Weltmeister nur hinterher gesprungen. „Andere Verbände, die das Führungspferd verlieren, sind da auch schon mal weggebrochen. Uns ist das nicht passiert“, stellte der Bundestrainer fest.