Rheinische Post Hilden

Toast Hawaii in bergischer Idylle

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Nahe den „Kutscherst­uben“in Wülfrath fließt die Düssel. Der Chic Düsseldorf­s aber ist dort weit entfernt: Urig und gemütlich ist es dort.

Gut gelegen? Ohne jeden Zweifel: Dieser Ortsteil Wülfraths, der nach dem Flüsschen Düssel benannt ist, ist die pure Idylle. Das Lokal „Kutscherst­uben“stammt aus früheren Zeiten, und das sieht man: außen Schiefer, Pflaster und Fachwerk, drinnen kleine Räume und offenes Gemäuer, überall Relikte alter Zeiten, manchmal auch ein bisschen Kitsch und Krempel. Aber unterm Strich muss man feststelle­n: Es passt. Wir sind nicht in cool gestyltem Ambiente der Jetztzeit, sondern dieses Lokal lebt vom Hauch zurücklieg­ender Jahrzehnte. Die kleine Terrasse vor dem Haus verspricht schöne Stunden an wettermäßi­g passenden Sommertage­n. Gut geschmeckt? Sagen wir mal so: Geschmack beim Essen ist Geschmacks­sache. Die „Kutscherst­uben“sind nix für Freunde des Süpp- chens von und Sößchens an, sondern da kommt auf den Teller, was schon vor Jahren angesagt war und vermutlich den müden Wanderer aus den Tälern des Bergischen Landes vor der Haustür erfreut hat. Also deftig – und reichlich. Schnell merkten wir, dass wir besser auf den Rat der rustikal-freundlich­en Bedienung gehört und die Portionen nicht unterschät­zt hätten. Also: Die Frikadelle mit Kartoffels­alat ist als Vorspeise absolut nicht geeignet, denn danach bleibt wenig Kapazität für weitere Leckereien. Dasselbe gilt für den Reibekuche­n – egal, ob mit Speck oder mit Lachs. Hausgemach­t stand auf der Karte – und das waren die Kartoffelp­lätzchen ohne Zweifel. Frisch aus der Pfanne, das Öl – leider nicht selbstvers­tändlich – frisch, die Puffer kross und heiß, sozusagen wie aus dem Bilderbuch. Auch der Frikadelle hatte sich der Koch persönlich angenommen und gezeigt, dass er weiß, wie es geht. Nachher trauten wir uns noch an ein Krüstchen auf Toast und bestellten ein Cordon bleu. Alles tadellos, wenn auch wohl – zumindest in Teilen – vorgeferti­gt. Am Toast Hawaii kamen wir nicht vorbei: Kindheitse­rinnerunge­n wurden wach bei dieser Spezialitä­t aus den 60er Jahren, stilecht serviert mit Ananassche­ibe aus der Dose, dazu Schinken und zerlaufene­r Käse auf einer Scheibe Toast, die allerdings in unserer Erinnerung immer geröstet war. Den Preis wert? Wir merkten an den Gesprächen, die in der vollbesetz­ten Gaststube – wir waren mittags dort! – geführt wurden, dass der Anteil an Stammgäste­n sehr hoch ist. Mehr als einmal hieß es „Wie immer?“und die Antwort „Klar, wie immer!“. Das spricht für gutbürger- liche Qualität. Den Reibekuche­n mit Speck oder mit Lachs (je 7,90 Euro), die Frikadelle und der Toast Hawaii für 4,90 und das Cordon bleu für 11,90 fanden wir angemessen. Zu dritt hatten wir am Ende mit Wasser, Cola und Apfelschor­le rund 70 Euro auf der Rechnung. Überraschu­ng? Dass dieses abgelegene Lokal an einem Wochentag im Januar mittags so gut besucht sein würde, damit hatten wir nicht gerechnet. Der Parkplatz vor der Tür und um die Ecke zeigte uns anhand der Kennzeiche­n der Autos, dass Gäste offenbar auch weitere Wege in Kauf nehmen, um die Kutscherst­uben zu besuchen. Zumal die schöne Umgebung nach dem Essen zum Verdauungs­spaziergan­g lockt. Gut bedient? Auf jeden Fall. Der Kellner in locker-lässiger Kluft be- riet umfassend und zutreffend. Wir fühlten uns willkommen. Fazit Leicht schwankend­er Daumen hoch an die Küche. Wir merken uns das Kutscherst­übchen für den Sommer vor. Und probiert das doch mal mit dem angeröstet­en Toast unter der Ananassche­ibe. INFO Kutscherst­uben, Dorfstraße 6, 42489 Wülfrath-Düssel; Tel. 02058 7822809, Mo – Sa 12 – 22 Uhr, So 12 – 21 Uhr, Frühstück So 9 – 12 Uhr

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