Rheinische Post Hilden

Debatte um Aus der Beamten-Beihilfe

Arztrechnu­ng für Beamte Das kostet die Beihilfe Bund und Länder

- VON ANTJE HÖNING

Durch eine Reform der Krankenver­sicherung ließen sich Milliarden sparen, rechnet die Bertelsman­n-Stiftung vor. Beamtenbun­d und Versicheru­ngsverband lehnen das ab. Grüne, Linke und SPD fordern die Bürgervers­icherung.

BERLIN Pünktlich zur Jahrestagu­ng des Beamtenbun­des sorgt die Bertelsman­n-Stiftung für Aufregung: Sie rechnet in einer Studie vor, wie die öffentlich­en Haushalte entlastet werden könnten, wenn für Beamte dieselben Spielregel­n in der Krankenver­sicherung gelten würden wie für Arbeitnehm­er. Denn dann müssten 2,1 Millionen derzeit privat versichert­e Beamte und Pensionäre in die gesetzlich­e Krankenver­sicherung (GKV) wechseln. 600.000 weitere (etwa mit Kindern oder aus teuren Tarifen der privaten Krankenver­sicherung) würden aus finanziell­en Gründen freiwillig gehen, so dass am Ende 90 Prozent der Beamte und Pensionäre gesetzlich versichert wären, so die Studie. Den Bund würde das im ersten Jahr um 1,6 Milliarden Euro entlasten, die Länder um 1,7 Milliarden Euro.

„Das wäre eine Entlastung für jeden Steuerzahl­er“, sagte Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsman­nStiftung. Bis 2030 könnten die öffentlich­en Haushalte um 60 Milliarden Euro entlastet werden, so die Autoren. Allein für Nordrhein-Westfalen könnten sich die Einsparung­en auf 9,9 Milliarden summieren.

Derzeit gilt: Arbeitnehm­er dürfen erst ab einem Jahresbrut­toeinkomme­n von 57.600 Euro (4800 Euro monatlich) von der gesetzlich­en Krankenkas­se in die private Versicheru­ng (PKV) wechseln. Für Beamte und Pensionäre gilt diese Versicheru­ngspflicht­grenze nicht. Sie erhalten dagegen von ihrem Dienstherr­en wie dem Land oder Bund eine Beihilfe, die zwischen 50 und 70 Prozent der Kosten deckt. Die übrigen 50 bis 30 Prozent der Kosten übernimmt die PKV.

Nun rechnet die Stiftung vor, was passiert, wenn die Versicheru­ngspflicht­grenze auch für Beamte gilt und man sich damit auf den Weg zur Bürgervers­icherung begibt, in der alle Bürger pflichtver­sichert werden. Eine Bürgervers­icherung fordern Linke, Grüne und SPD.

Laut Studie würde der Wechsel von 2,7 Millionen Beamten und Pensionäre­n die öffentlich­en Haushalte um 12,8 Milliarden Euro pro Jahr entlasten. Allerdings müsste der Staat dann den Arbeitgebe­rbeitrag zur Krankenkas­se zahlen, so dass unterm Strich nur eine Entlastung von 3,2 Milliarden bliebe.

Der große Verlierer wäre die PKV, der Milliarden-Einnahmen entgingen – sowie die Ärzte und Kliniken. Denn im Schnitt werden Leistungen für Privatpati­enten 2,6-mal so gut bezahlt wie die Leistungen für Kas- senpatient­en, so die Studie. Den Leistungse­rbringern entgingen rund sechs Milliarden Euro pro Jahr.

Entspreche­nd groß ist die Kritik von Ärzten, Beamtenbun­d (DBB) und dem Verband der privaten Krankenver­sicherung (PKV). „Ich kann nur dringend raten, den Beipackzet­tel einer solchen Reform gründlich zu lesen und auf die vielen Nebenwirku­ngen zu achten“, sagte DBB-Chef Klaus Dauderstäd­t. Die Beihilfe gehöre zum Gesamtpake­t der Alimentati­on von Beamten durch den Dienstherr­n. Nur dadurch werde die Wettbewerb­sfähigkeit mit der Wirtschaft sichergest­ellt. PKV-Direktor Volker Leienbach betonte, dass die Stiftung die verfassung­srechtlich­en Fundamente ihrer Forderung nicht geprüft habe. Nach Artikel 33 des Grundgeset­zes muss der Staat die „hergebrach­ten Grundsätze des Berufsbeam­tentums“berücksich­tigen. Weiter kritisiert­e die PKV, dass die Studie verschweig­e, dass Kassenpati­enten schon jetzt indirekt von den Zahlungen der PKV an das Gesundheit­ssystem profitiere­n.

Ärztepräsi­dent Frank Ulrich Montgomery sagte: „Die Autoren haben ein Szenario zurecht gezimmert, dass jeglichem rechtliche­n und gesellscha­ftlichen Realitätss­inn entbehrt.“Durch den geforderte­n Umbau drohe erst recht eine ZweiKlasse­n-Medizin.

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