Zähe Krähe lehrt einen Bär das Leben
In seinem neuen Kinderbuch „Krähe und Bär“erzählt der Autor Martin Baltscheit die Geschichte eines ungleichen Gespanns.
Eigentlich passen sie nicht zueinander. Im Mittelpunkt des Kinderbuchs „Krähe und Bär“stehen zwei Charaktere, die nicht nur Fröhliches zu berichten haben. „Der Bär hat richtig schwere Depressionen, und die Krähe – die auch ihre Probleme hat – hilft dem Bären“, sagt Autor Martin Baltscheit. Ein Thema, das eher Erwachsenen zugeschrieben und doch so einfach erzählt wird – eine Altersbegrenzung für die Geschichte „gibt es eigentlich nicht“, sagt der Autor selbst.
„Es gibt kein Thema, das nicht für Kinder geeignet ist.“Es komme ganz auf die Herangehensweise an. Baltscheit ist überzeugt: „Für Kinder zu schreiben, ist eine Kunst, die höher zu bewerten ist, als für Erwachsene zu schreiben.“Jedenfalls ist es Baltscheit gelungen zu vermitteln, dass auch ungleiche Charaktere Freunde werden und einander helfen können – und dass das Glück viele Facetten haben kann.
Mit seinem aktuellen Buch zeigt der Autor, Zeichner und Schauspieler, dass Kinderbücher nicht immer fröhliche und durchweg helle Geschichten erzählen müssen. Von der ersten Seite an befasst sich das 112 Seiten lange Werk mit der Frage, warum das Leben lebenswert ist – und warum es in Ordnung ist, manch- mal trotzdem nicht glücklich zu sein. Und auch, wo das Glück eigentlich liegt. Dass ein Käfig auch ein Zuhause sein kann – und umgekehrt.
„Man kann Kindern das reale Leben zumuten“, sagt der Autor. Wichtig sei, die Geschichte so zu erzählen, dass Kinder sie verstehen. „Ich weiß mittlerweile sehr gut, an welchen Stellen sie lachen, still sind oder das Interesse verlieren“, sagt der vierfache Vater. Wichtig ist ihm, dass nach dem Lesen gefragt, nachgedacht und gesprochen wird. Einfach nur zu bespaßen, ohne weiteren Hintergrund – dies sei nicht Sinn und Zweck seiner Bücher.
Zwar illustriert Baltscheit selbst Bücher, die Optik von „Krähe und Bär“kommt allerdings aus der Hand von Wiebke Rauers. Es ist bereits die zweite Zusammenarbeit von Autor und Künstlerin. Anfang 2016 erschien Baltscheits „Nur ein Tag“mit ihren Illustrationen. Die Arbeit mit den Werken des 51-Jährigen habe ihre Sicht auf Kinderliteratur verändert, sagt die Illustratorin: „Ich finde es gut, dass er seiner Zielgruppe mehr zutraut.“Dass Baltscheits Geschichten nicht voraussetzten, dass Kindern nur eine heile Welt zumutbar sei. Dass er keine Tabu-Themen habe wie Tod oder Trauer.
„Als ich die ersten Zeilen gelesen hatte, war mir klar, wie Bär und Krähe aussehen müssen“, sagt Rauers. Die Krähe, die weibliche Figur in der Geschichte, ist die zähere von beiden: Sie weiß, wie auf der Straße zu überleben ist. Der Bär möchte sich zwar ebenfalls als hartgesottenen Charakter sehen, „er ist aber eigentlich der Softie“, sagt Rauers. Und so sind eine freche Krähe mit großem Schnabel und großer Klappe ent- standen – und ein molliger, zunächst trauriger Bär, der auch lachen kann, als er sein Glück findet.
Die Idee für die Geschichte der ungleichen Freundschaft sei ihm bei einem Zoo-Besuch gekommen. Dort habe er eine Krähe und einen Bären beobachtet. Und ein Internet-Video, in dem ein Bär eine Krähe aus dem Wasser rettet, habe ihm als Anstoß für die Geschichte gedient.
Die Buchmacher spielen mit unterschiedlichen Lettern, Schriftgrößen, Farben und kleinen Zeichnungen, um Fragmente gezielt in Szene zu setzen. „Die Zusammenarbeit am Buch war sehr eng“, berichten Baltscheit und Rauers. Als „inszeniert“bezeichnet der Autor selbst die Geschichte. Wie ein Theaterstück, das bis ins kleinste Detail durchdacht ist.
Die liebevoll gestaltete Geschichte soll auch Eltern begeistern – das Vorlesen darf auch für sie unterhaltsam werden. „Die Kinder sind das erste Publikum“, sagt er. „Aber ein Kinderbuch kann ich auch als Vater oder Opa lesen – und es wird immer wieder ein neues Buch und Erlebnis sein.“ Info „Krähe und Bär“erscheint im Dressler Verlag, 112 Seiten, 12,99 Euro. Das Buch ist erhältlich ab Montag, 23. Januar. Empfohlen ab 8 Jahren.