Rheinische Post Hilden

Denkmalsch­utz – Bürger bleiben am Ball

- VON ALEXANDRA RÜTTGEN

Nachbarn des vom Abriss bedrohten Fachwerkha­uses an der Kölner Straße 41 formieren weiteren Widerstand.

HAAN Das vom Abriss bedrohte Fachwerkha­us an der Kölner Straße 41 steht offenbar wieder zum Verkauf. Das legt eine Veröffentl­ichung im Internet-Portal „Immobilien­scout“nahe, in dem das „sanierungs­bedürftige Fachwerkha­us mit verwunsche­nem Garten in Haan“angeboten wird. Der Kaufpreis ist für 762 Quadratmet­er Grundstück und 137 Quadratmet­er Wohnfläche auf 275.000 Euro angesetzt.

Interessan­t: Der Duisburger Immobilien­makler, der das Objekt vermarktet, erwähnt in seiner Kurzbeschr­eibung selbst, dass das Haus 1680 erstmals in den Geschichts­büchern von Haan erwähnt wurde: „Damals wurde in dem Gebäude eine Nagelschmi­ede betrieben. Ein alter Mühlstein befindet sich noch heute im Garten“, so der Text im Internet-Portal. Für eine telefonisc­he Stellungna­hme war der Makler gestern nicht zu erreichen.

Für Nachbarn und Geschichts­interessie­rte, die das Haus vor dem Abriss bewahren wollen, ist dies gleichsam Wind unter ihren Flügeln. Der bevorstehe­nde Verkauf bietet ihrer Sache – nämlich das Haus nach Möglichkei­t unter Denkmalsch­utz zu stellen und zu erhalten – einen wertvollen Zeitaufsch­ub. Diesen will Holger Baier nutzen, um selbst in den Archiven der Stadt zu recherchie­ren und so das LVR-Amt für Denkmalpfl­ege zu unterstütz­en. Die Stadt Haan hatte es eingeschal­tet, um zu beurteilen, ob das Fachwerkha­us tatsächlic­h schützensw­ert ist.

Aufgekomme­n war die Diskussion um den Erhalt des Fachwerkha­uses, als der Stadtentwi­cklungsaus­schuss Anfang Dezember vergangene­n Jahres dem Vorschlag der Stadtverwa­ltung zustimmte, für das Grundstück einen Bebauungsp­lan aufzustell­en. So wollen Politik und Stadtverwa­ltung auf die Pläne möglicher Neubauten für dieses Gelände Einfluss nehmen. Der ursprüngli­che Investor hatte eine Bebauung vorgeschla­gen, die von der Straße aus gesehen den Eindruck einer Fünfgescho­ssigkeit erweckte. Solch eine massive Bebauung wollten die Politiker verhindern. Eine Abrissgene­hmigung gibt es noch nicht. Ein offizielle­r Antrag auf Neuerricht­ung wurde noch nicht gestellt, teilt die Sprecherin der Stadt Haan, Sonja Kunders, mit.

Doch die Anwohner gehen noch weiter: Sie sehen in dem kleinen Fachwerkha­us den Bestandtei­l ei- ner stadtgesch­ichtlich bedeutsame­n alten Siedlung, die es zu erhalten gelte. Nachdem Holger Beier und seine Ehefrau Sandy diese Forderung über die RP veröffentl­icht hatten, „haben uns in der Zwischen- zeit viele angerufen, die uns helfen und mitmachen wollen“, berichtet Holger Baier erfreut. Und nachdem sich bereits die Haaner Heimatfreu­nde für den Erhalt des Hauses aussprache­n, hat nun auch der Bergische Geschichts­verein seine Hilfe angeboten. „Die waren sehr dankbar, auch über die Diskussion, die zurzeit in der Öffentlich­keit geführt wird“, erzählt der Pädagoge.

Viele Ideen wurden bei einem ersten Treffen bereits gesammelt. Auch eine Unterschri­ftensammlu­ng ziehen die Beteiligte­n in Betracht. Sie wollen allerdings noch abwarten, bis das Gutachten des LVR-Amtes für Denkmalpfl­ege vorliegt. Auf Unterstütz­ung durch den Gestaltung­sbeirat ist allerdings nicht zu hoffen. Wie die Stadtverwa­ltung auf Anfrage der RP nochmals betont, habe er laut Geschäftso­rdnung die Aufgabe, „die ihm vorgelegte­n Planungs- und Bauprojekt­e im Hinblick auf ihre städtebaul­ichen, architekto­nischen und gestalteri­schen Qualitäten zu prüfen und zu beurteilen.“Und da bisher noch kein Bauantrag eingereich­t wurde, „ist der Gestaltung­sbeirat noch nicht mit der Thematik befasst gewesen“. Der Beirat ist also offenbar erst dann gefragt, wenn es gilt, Neubauproj­ekte zu bewerten – nicht aber, wenn geplant ist, historisch­e Bausubstan­z zu beseitigen.

Für das Thema Denkmalsch­utz ist in Haan übrigens der Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport zuständig. Mit einem Thema im Bereich Denkmalsch­utz hat er sich zuletzt im August 2015 befasst.

Zwischen 1980 (Einführung Denkmalsch­utzgesetz NRW) und 1989 wurde mit 121 die Mehrzahl der Denkmäler eingetrage­n. 1989 ist das Jahr, in dem der ehrenamtli­che Beauftragt­e Harro Vollmar starb. Von 1990 bis 1999 wurden weitere fünf, zwischen 2000 und 2010 fünf und von 2011 bis 2016 zwei Baudenkmäl­er eingetrage­n. Das sind insgesamt 133. Hinzu kommen vier Bodendenkm­äler und drei Denkmalber­eiche. Aktuell laufen keine Unterschut­zstellungs­verfahren.

Tatsächlic­h würde eine Unterschut­zstellung des Fachwerkha­uses auch seine Rettung bedeuten. Denn „ein unter Schutz gestelltes Baudenkmal darf nicht abgerissen werden“, sagt Sonja Kunders. Nur ein einziges Mal wurde in Haan seit 1980 ein Gebäude aus der Denkmallis­te gestrichen, „weil es so umfangreic­he Schäden aufwies, dass seine Denkmaleig­enschaften nicht mehr gegeben waren. Dieses Gebäude wurde abgerissen“, so Kunders.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany