Demokraten hoffen auf das Projekt „Michelle 2020“
WASHINGTON (FH) Morgen bekommt Michelle Obama ihre Handlungsfreiheit wieder. Nicht nur, dass sie mit dem Ende der Präsidentschaft ihres Mannes aufatmen kann, statt auf dem Präsentierteller der Macht ständig darauf achten zu müssen, nur ja keine Fehler zu machen. Sie, die Absolventin der Eliteuniversitäten Princeton und Harvard, kann endlich ihre eigene Karriere in Angriff nehmen. Womöglich wird es eine politische Karriere, vielleicht wiederholt sich, was Bill und Hillary Clinton vorexerziert haben.
Nicht, dass sie in den acht Jahren in der berühmten Villa nicht politisch gewesen wäre. Sie kümmerte sich um vergessene Kriegsveteranen, während sie der Fettleibigkeit im Heimatland der Marke McDonald’s mit der Fitnesskampagne „Let’s Move“den Kampf ansagte. Ihr Gemüsegarten war ein Appell zur gesunden Ernährung. Dahinter steckten klare Botschaften. Aber sie hat eben auch oft und gern betont, dass sie keinen gesteigerten Wert darauf lege, das politische Tagesgeschehen in all seinen Wendungen zu verfolgen.
Andererseits hielt sie auf dem Parteitag der Demokraten, der Hillary Clinton zur Kandidatin kürte, die beste Rede von allen. Schon damals empfanden es viele als logisch, würde sie dereinst für ein Wahlamt kandidieren. Eine Michelle Obama, die für Illinois, den Bundesstaat, aus dem sie stammt, im US-Senat sitzt – es gibt kaum einen, der sich zumindest das nicht vorstellen könnte. „Michelle 2020“lautet der Slogan ihrer Fans, die sie auffordern, an den Start des nächsten Rennens ums Oval Office zu gehen. Es gebe drei Dinge im Leben, die sicher seien, hat ihr Gatte zu dem Thema gesagt: „Der Tod, Steuern und dass sich Michelle nicht als Präsidentin bewirbt.“Aber das war vor einem Jahr, heute würde niemand mehr darauf wetten. Die Popularität der 53-Jährigen hat Umfragewerte erreicht, von denen amerikanische Politiker nur träumen können.
Klartext zu reden, wann immer das Protokoll es zulässt, ist ihr Markenzeichen. 2008, als manche ihren Mann zum Heilsbringer verklärten, war es Michelle, die Tochter eines Arbeiters der Wasserwerke, die Geschichten aus dem realen Leben erzählte. Es liege noch nicht lange zurück, dass sie beide, Barack und Michelle, ihre Studienschulden abgezahlt hätten. Im Übrigen, fügte sie schmunzelnd hinzu, lasse Barack überall im Haus seine Socken herumliegen.
Nachdem Donald Trump die Wahl gewonnen hatte, redete sie sich ihren Frust von der Seele ohne diplomatische Rücksicht. Mit dem Land, sagte sie der Talkshow-Königin Oprah Winfrey, verhalte es sich wie mit einem Kleinkind, das hingefallen sei und nun auf die Erwachsenen schaue, um zu sehen, ob es sich wehgetan habe. Wenn man dann „Oh mein Gott“schreie, beginne das Kind zu weinen. Wenn man aber tröste, ach komm schon, das wird schon, dann eher nicht. Für die USNation habe Barack die Rolle des Aufrichtenden gespielt. Mit Trump, sagte sie, sei das anders.