Stahlproduzenten warnen vor Abschottung der USA
Auch der Billigstahl aus China und die geplanten Verschärfungen des CO2-Zertifikatehandels ab 2021 drücken auf die Stimmung.
DÜSSELDORF Die deutsche Stahlindustrie hat mit großer Sorge auf Äußerungen des künftigen US-Präsidenten Donald Trump reagiert. „Protektionismus ist die falsche Antwort für die Herausforderungen für die globale Stahlindustrie“, sagte der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Hans Jürgen Kerkhoff. Vor allem die USA hätten in den vergangenen Jahren Barrieren im Stahlbereich aufgebaut.
Deutschland liefert nach Angaben des Verbandes 700.000 Tonnen in die Vereinigten Staaten – das entspricht einem Viertel der deutschen Stahlex- porte außerhalb der Europäischen Union. Zudem seien die USA mit 2,5 Millionen Tonnen zweitgrößter Abnehmer von stahlintensiven Produkten aus Deutschland – nur die Briten importierten noch mehr dieser Güter aus Deutschland.
Kerkhoff sieht unter Trump auch die Chancen dafür schwinden, einen weltweit einheitlichen Emissionsrechtehandel aufzubauen: „Ein globaler Kohlenstoffmarkt mit gleichen Bedingungen für alle Stahlerzeuger scheint durch den Regierungswechsel in den USA noch weiter in die Ferne gerückt.“Er verlangte deshalb von der EU-Kommission, die ab 2021 greifende Verschärfung des CO2- Zertifikatehandels ohne Belastungen für die heimische Industrie zu gestalten.
Dass dies gelingen könnte, dafür sieht die IG Metall Anzeichen: „Beim Thema Zertifikatehandel erkennen wir positive Tendenzen“, sagte Heiko Reese, Stahl-Experte der Gewerkschaft, unserer Redaktion. „Die Entscheidung im Umweltausschuss, dass der Anteil der freien Zertifikate von 43 auf 48 Prozent steigen soll, ist zu begrüßen.“Erklärtes Ziel von IG Metall und den Stahlkonzernen ist es, dass die effizientesten zehn Prozent der Stahlwerke keine Zertifikate ersteigern müssen. „Diesem Ziel sind wir mit der Anhebung um fünf Prozentpunkte einen Schritt näher gekommen“, so Reese. Doch die IG Metall sieht weiteren Handlungsbedarf: „Die von der Politik vorgesehenen Benchmarks, also die Zielwerte, ab denen eine 100-Prozent- oder gänzlich freie Zertifikate-Zuteilung erfolgt, dürfen nach den derzeitigen Plänen nicht mehr als 1,3 Tonnen CO2 pro Tonne Stahl ausstoßen. Das effizienteste Werk schafft aber nur 1,4 Tonnen. Wir stoßen da an physikalisch-technische Grenzen. Deshalb muss es uns gelingen, dass dieser Benchmark in einem realistischen Bereich liegt – und nicht wie derzeit vorgesehen Jahr für Jahr auch noch um 0,25 Prozent sinken soll.“
Neben den drohenden Verschärfungen beim europäischen Klimazertifikate-Handel und einer Abschottung der USA bleibt der chinesische Billigstahl, mit dem der Markt überschwemmt wird, aus Sicht der Wirtschaftsvereinigung Stahl ein Problem. Zwar gingen die Überkapazitäten der Chinesen um 32 Millionen auf 364 Millionen Tonnen zurück. Das sei aber weiterhin ein extrem hohes Niveau.
Ungeachtet der benannten Probleme rechnet der Verband für das laufende Jahr mit einer um ein Prozent auf 42,7 Millionen Tonnen leicht gestiegenen Rohstahlproduktion in Deutschland.