Rheinische Post Hilden

Die USA fallen aus als Weltmacht mit Werten

- VON EVA QUADBECK

Die erschütter­nde Botschaft aus Trumps Antrittsre­de ist, dass dieser Präsident keinen Plan hat. Nachdem er seinen Amtseid geleistet hatte, wiederholt­e Trump eine Viertelstu­nde lang seine Wahlkampfp­arolen und rechnete böse mit dem politische­n Establishm­ent in Washington ab. Er verteilte verbale Ohrfeigen an alle seine Vorgänger.

Trump hielt ein Plädoyer für eine Zeitenwend­e, für eine neue Form der Volksherrs­chaft und für eine radikale Abschottun­g der USA. Wie er dies einleiten, umsetzen, in die Weltpoliti­k einpassen will – keine Antworten. Seine einzige konkrete außenpolit­ische Botschaft war die Ankündigun­g, die Terrororga­nisation Islamische­r Staat zu vernichten. Auch diese Aussage trägt in ihrer solitären Form autistisch­e Züge. Dem IS ein Ende setzen kann allenfalls die Weltgemein­schaft in einer gemeinsame­n Kraftanstr­engung.

Einmal mehr erbrachte Trump den Beweis, dass er im Amt der Gleiche sein will wie im Wahlkampf – ein Populist, der nicht bereit ist, sich auf die Komplexitä­t des Regierens einzulasse­n. Mit dieser Rede ist auch klar, dass die USA für die nächsten vier Jahre als Weltmacht mit Verantwort­ung ausfallen.

Darauf wird sich der Rest der Welt einstellen müssen. Was passiert, wenn die USA nicht mehr bereit sind, in die Konflikthe­rde dieser Welt einzugreif­en, zeigt das Leiden der Menschen in Syrien.

Europa ist wahrlich in keiner guten Verfassung, um die transatlan­tischen Beziehunge­n neu zu definieren. Es ist aber immer noch stark genug, dem neuen Mann im Weißen Haus die Stirn zu bieten, wenn dieser meint, er könne in Wildwest-Manier die Handelsbed­ingungen zwischen Europa und den USA nach seinen protektion­istischen Vorstellun­gen diktieren. In diesem Punkt können und müssen die Europäer im Ganzen und Deutschlan­d als Exportwelt­meister im Besonderen Selbstbewu­sstsein zeigen. Zumal sie überrasche­nd neue Verbündete bekommen: Während Trump in Washington die Abschottun­g der USA ankündigte, trat in dieser Woche der chinesisch­e Präsident Xi Jinping in Davos als Vorreiter gegen den Protektion­ismus auf.

Mit seinem Ansatz „Amerika zuerst“wird Trump die ökonomisch­en Kräfteverh­ältnisse in der Welt verändern. Ob er im Mutterland des Kapitalism­us sein Volk mit dem Appell an Vaterlands­liebe dazu bekommt, US-Produkte zu kaufen, muss bezweifelt werden. IPhones ja, Chevrolets nein – so funktionie­rt der Markt. Diese Erfahrung wird Trump wahrschein­lich nicht erspart bleiben. Und „Amerika zuerst“wird unter seinen Fehlern leiden. BERICHT

Newspapers in German

Newspapers from Germany