Zehn Monate hat das Jahr, und Herbst ist im Januar
Dem Fußball verdankt die Menschheit eine sehr liberale Gestaltung des Kalenders. Klaglos haben die Fans bereits ertragen, dass ein Spieljahr nicht im Januar, sondern erst im August beginnt. Dafür endet es bereits im Mai, und es nennt sich Jahr, obwohl es nach Adam Riese gerade mal zehn Monate hat. Ganz nebenbei sind die Jahreszeiten kühn verschoben worden. Seit mehr als einem halben Jahrhundert feiert die Bundesliga ihren Herbstmeister, wenn der Kalender normaler Menschen den Winteranfang signalisiert. Und in diesem Jahr bricht tatsächlich auch in dieser Hinsicht noch eine neue Zeitrechnung an. Der Herbstmeister der Bundesliga steht erst in der vorletzten Januar-Woche fest. Das gab’s
Der Fußball hat einen seltsamen Kalender – schon immer. Dieses Jahr ist noch toller als alle anderen, denn der BundesligaHerbstmeister wird in der vorletzten Januar-Woche gekürt. Das wiederum hat mit Olympia zu tun.
noch nie. Zu verdanken ist die neuerliche Weitung des Kalenders einem ehrenwerten Plan.
Der Deutsche Fußball-Bund sah in seinen Trophäenschrank und erkannte, dass dort bis auf eine kleine Bronzemedaille keine große Erinnerung an Olympische Spiele aufbewahrt wird. Das sollte sich ändern. Deshalb wies der DFB seine Unternehmenstochter, die Deutsche Fußball-Liga (DFL) an, den Spielplan für die Bundesliga-Hinrunde der Saison 2016/17 über Weihnachten hinaus zu dehnen, damit die deutschen Olympia-Hoffnungen ihren Klubs nicht zu lange beim Training fehlen.
Diese an sich liebenswürdige Rücksichtnahme hatte nicht vollends das Ergebnis, das sich der Olympia-Auswahltrainer Horst Hrubesch vorgestellt haben wird. Denn einige der bereits besser dekorierten Nachwuchs-Stars teilten ihm mit, dass sie das tolle OlympiaTurnier zwar gern miterleben würden, allerdings am liebsten im bequemen Fernsehsessel daheim. Timo Werner (Leipzig) verschob seine Flugstunden auf die Meisterschaftsspiele, Kevin Volland (Leverkusen) wollte sich wahrscheinlich erst einmal von den Schönheiten der neuen Wahlheimat unterm Bayer-Kreuz überzeugen. Leroy Sané, Joshua Kimmich, Jonathan Tah, Emre Can, Julian Draxler und MarcAndré ter Stegen waren vom extremen Höhentraining am EM-Standort Evian derart geschlaucht, dass sie von den Klub-Physiotherapeu- ten mühsam wiederbelebt werden mussten.
Statt ihrer traten in Rio Berühmtheiten wie Max Christensen, Grischa Prömel und Philipp Max an. Dass die preiswürdige Weitsicht des DFB trotzdem zur Silbermedaille führte, lag vor allem an Horst Hrubesch, den Kalendervarianten nur dann beschäftigen, wenn sie irgendetwas mit den Geheimnissen des Dorschfischens zu tun haben. Schließlich hat er bereits 1980 das Standardwerk „Dorschangeln vom Boot und an den Küsten“verfasst.
Im späten Herbst ist übrigens Dorschsaison, und die ist noch nie wegen Olympia verlegt worden.