Wie Agassi Becker ausgetrickst hat
DÜSSELDORF Der menschliche Entdeckergeist ist so ausgeprägt, dass immer neue Dinge zum Vorschein kommen. Unlängst wollen irische Forscher der Universität Limerick ein weiteres Organ im Bauchraum des menschlichen Körpers ermittelt haben. Nun streiten sich die Gelehrten, ob es ein neues Organ oder wie bisher klassifiziert nur ein Gekröse ist, was die verschiedenen Darmabschnitte mit der Bauchdecke verbindet. Bisher weitestgehend unerforscht ist dagegen die Zunge von Boris Becker – jedenfalls im wissenschaftlichen Kontext.
Doch das soll sich nun ändern, und der Anfang ist auch schon gemacht. Kein Geringerer als André Agassi ist um die Entschlüsselung des Beckerschen Zungenverhaltens bemüht. In jungen Jahren hat Agassi viel zu viel Zeit in die Weiterentwicklung von Haarwuchsmitteln investiert. Der Erfolg wollte sich bei ihm nicht einstellen. Er legte also die aufwendigen Toupets beiseite. Womit wir wieder bei Becker wären.
Der junge Becker hatte Agassi bei den ersten Aufeinandertreffen auf dem Court geschlagen – vor allem dank seines unberechenbaren Aufschlags. Unberechenbar? Agassi setzte sich hin und studierte Videobänder von den Begegnungen. Und plötzlich machte es Bumm-Bumm. In einem Video, dass gerade in den sozialen Netzwerken die Runde macht, verrät Agassi die Teil-Entschlüsselung von Becker. Diese Erkenntnis hat er bereits 2007 als CoKommentator im US-Fernsehen ausgeplaudert, damals ist seine Botschaft offenbar nicht bei einer breiteren Öffentlichkeit angekommen.
Becker habe einen Tick gehabt, erzählt Agassi, bei dem er vor dem Aufschlag die Zunge herausstreckte. Sie verriet dabei die Flugrichtung des Balles. Zeigte die Zunge nach links, so schlug er den Ball oft in die äußere Zone des Feldes. Blieb seine Zunge mittig, so landete der Ball mittig auf der anderen Seite. Für Agassi sei es das Härteste während seiner aktiven Karriere gewesen, Becker nicht wissen zu lassen, dass er ihm auf die Schliche gekommen war. So habe er sich die Momente in einem Spiel gut ausgesucht, in dem er den Wissenvorsprung ausnutzte. Schließlich wollte er nicht, dass Becker seine Zunge einrollte.
Jahre nach dem Karriereende offenbarte sich Agassi seinem einstigen Rivalen nach ein paar Maß Bier auf dem Münchner Oktoberfest. Becker sei fast vom Stuhl gefallen. Er habe so oft nach Niederlagen gegen Agassi zu seiner Frau gesagt, es sei, als ob der Gegner seine Gedanken lesen könne. Tja, es war viel einfacher. Nach den ersten drei verlorenen Matches hat Agassi neun von elf der nächsten Partien gewonnen. Becker konnte nur noch zwei Mal gegen den Ehemann von Steffi Graf gewinnen.