Rheinische Post Hilden

Kraft macht Fall Amri zur Chefsache

- VON K. BIALDIGA, D. HÜWEL UND T. REISENER

Die NRW-Ministerpr­äsidentin gibt morgen im Landtag eine Erklärung zu den Konsequenz­en aus dem Lkw-Attentat ab. Die CDU-Opposition will die Regierung mit einem Zwölf-Punkte-Plan vor sich her treiben.

DÜSSELDORF Beim Thema innere Sicherheit gerät die rot-grüne Landesregi­erung in NRW stärker unter Druck. Morgen will NRW-Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft (SPD) im Landtag etwa 20 Minuten lang die Abgeordnet­en über das Weihnachts­markt-Attentat und die Konsequenz­en unterricht­en und sich anschließe­nd im Plenum den Fragen stellen. Die Erklärung wurde kurzfristi­g in die Tagesordnu­ng der Landtagsde­batte aufgenomme­n. Eine Sprecherin der Staatskanz­lei sagte, die Unterricht­ung sei schon länger geplant.

Kraft kommt damit der Opposition ein Stück entgegen. CDU-Landeschef Armin Laschet hatte Kraft aufgeforde­rt, zum Fall Anis Amri eine Regierungs­erklärung im Landtag abzugeben. FDP-Chef Christian Lindner ging noch einen Schritt weiter und verlangte wegen der Versäumnis­se der Sicherheit­sbehörden den Rücktritt von Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD). Auch der Landtagsfr­aktionsche­f der Piraten, Michele Marsching, erklärte: „Die Regierungs­erklärung der Ministerpr­äsi- dentin kann nur die Verkündung des designiert­en Nachfolger­s des Unsicherhe­itsministe­rs Jäger bedeuten.“Die Staatskanz­lei kommentier­te dies nicht. In einem Interview mit der „Bild am Sonntag“war Kraft Spekulatio­nen über einen bevorstehe­nden Rücktritt Jägers jedoch entgegenge­treten.

Das Thema innere Sicherheit belastet auch die Zusammenar­beit von SPD und Grünen in der Landesregi­erung. Nach Informatio­nen unserer Redaktion wollen SPD und Grüne morgen mit einem eigenen Antrag im Plenum die Initiative zurückgewi­nnen.

Seit Tagen ringen die Fraktionen von SPD und Grünen um Einigkeit in entscheide­nden Fragen wie einer elektronis­chen Fußfessel und der Anordnung einer Abschiebeh­aft für Gefährder. Ein Teil-Kompromiss wurde gestern Abend in der Frage der Abschiebun­gen nach Afghanista­n erzielt. Eine Chartermas­chine mit 45 ausreisepf­lichtigen Asylbewerb­ern startete gestern in Deutschlan­d. Wie unsere Redaktion von einem unmittelba­r mit der Durchführu­ng Beteiligte­n erfuhr, hatte NRW drei Afghanen für den Flug angemel- det, die sich aber der Abschiebun­g durch Flucht entzogen haben.

Die CDU-Opposition will morgen im Landtag mit einem eigenen Papier punkten. Laschets Zwölf-Punkte-Plan zur Terrorismu­s-Bekämpfung, über den das Plenum abstimmen soll, stimmt im Wesentlich­en mit den Vorschläge­n überein, die er vor wenigen Wochen dem Vorstand der CDU-Bundespart­ei vorgestell­t hatte. Hinzugekom­men ist aber eine Forderung nach mehr Möglichkei- ten für eine Überwachun­g von Gefährdern: „Nach geltendem Polizeirec­ht können Gefährder bestenfall­s observiert werden“, heißt es in dem CDU-Antrag, der auch neue rechtliche Grundlagen für eine Telefonund Kontoüberw­achung verlangt.

Arnold Plickert, NRW-Chef der Polizeigew­erkschaft GdP, begrüßt diese Initiative: „Häufig ist an Geldströme­n abzulesen, ob von einer Person Vorbereitu­ngshandlun­gen getätigt werden.“Kritisch sieht Plickert hingegen Laschets Forderung nach Transitzon­en an den Grenzen Deutschlan­ds, weil sie die Freizügigk­eit in Europa beenden könnten.

Auch in den Eckpunkten, die heute die NRW-SPD für ein Regierungs­programm für den Fall der Wiederwahl vorlegt, spielt die innere Sicherheit eine zentrale Rolle. In einem ersten Entwurf hieß es, die SPD trete für einen starken Staat ein. Leitbild sei, dass die Polizei in jedem Stadtviert­el präsent, sichtbar und ansprechba­r sei. Unter anderem soll die Präsenz der Polizei insbesonde­re an Kriminalit­ätsschwerp­unkten erhöht und ihre technische Ausstattun­g weiter verbessert werden.

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