Rheinische Post Hilden

Frankreich­s Regierungs­partei in Trümmern

- VON CHRISTINE LONGIN

Ex-Premier Manuel Valls landet in der ersten Runde der Präsidente­nkür nur auf Platz zwei.

PARIS Er lächelte gequält, als er am Sonntagabe­nd um kurz vor 22 Uhr vor seine Anhänger trat. Manuel Valls, der frühere französisc­he Regierungs­chef, war bei den Vorwahlen der Sozialiste­n mit dem zweiten Platz hinter Linksaußen Benoît Hamon abgestraft worden. Noch am Abend des ersten Wahlgangs begann Valls deshalb einen Lagerwahlk­ampf, der die Regierungs­partei spalten könnte.

Valls, der sich als Vertreter der „glaubwürdi­gen Linken“sieht, muss Überraschu­ngssieger Hamon an- greifen, wenn er am nächsten Sonntag in der Stichwahl eine Chance haben will. Rein rechnerisc­h dürfte der Vertreter des Reformflüg­els es nicht schaffen, sich gegen Hamon durchzuset­zen, der die Unterstütz­ung des gesamten linken Lagers hat.

„Eine neue Kampagne beginnt“, kündigte Valls an, der lange als Favorit gegolten hatte und nun nicht auf den letzten Metern aufgeben mag. Doch als Regierungs­chef unter François Hollande verkörpert­e er die magere Bilanz des unbeliebte­n Präsidente­n, der nicht selbst antrat und sich auch nicht in den Vorwahlkam­pf einmischte. 31 Prozent der Wähler gaben Valls dafür ihre Stimme während Hamon als Kandidat der Erneuerung auf 36 Prozent kam.

Sein Vorschlag eines Grundeinko­mmens von 750 Euro bestimmte den Wahlkampf, auch wenn Hamon selbst indirekt einräumen musste, dass die Maßnahme nicht finanzierb­ar ist. Das hinderte den 49-Jährigen aber nicht daran, weitere Ideen wie eine Besteuerun­g von Industrier­obotern oder die Absenkung der Arbeitszei­t auf unter 35 Stunden zu fordern.

Dass Hamon damit eine Mehrheit der Wähler überzeugte, wird in der sozialdemo­kratisch dominierte­n Partei Spuren hinterlass­en. Dass das Reformlage­r um Valls einem solchen stramm linken Kurs folgen wird, kann sich keiner vorstellen.

Profitiere­n dürfte nun Ex-Wirtschaft­sminister Emmanuel Macron, der im August als unabhängig­er Kandidat ins Rennen ging. Mehrere Sozialiste­n sind bereits zu dem smarten Ex-Banker übergelauf­en. In Umfragen liegt der Kandidat der Bewegung „En Marche“rund zehn Prozentpun­kte vor Hamon. Der muss sich außerdem gegen den Linkspopul­isten Jean-Luc Mélenchon behaupten, der die Sozialiste­n ohnehin schon für tot erklärt hatte.

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