Rheinische Post Hilden

Rauschmitt­el als Medizin

-

Kaum eine Substanz ist so umstritten wie Cannabis. Als Droge geraucht, kann sie Übelkeit, Erbrechen und in seltenen Fällen Psychosen auslösen. Zugleich gibt es zahlreiche Studien und Berichte von Patienten, die zeigen, dass der Wirkstoff von Marihuana viele gesundheit­liche Beschwerde­n lindern kann. Als wirkungsvo­ll zeigt sich die Pflanze vor allem in solchen Fällen, bei denen herkömmlic­he Medikament­e versagen.

Bereits 2016 hatten deswegen 1020 Patienten eine Sondergene­hmigung für Cannabis vom Bundesinst­itut für Arzneimitt­el und Medizinpro­dukte (BfArM). Während sie für die Therapie allerdings noch selbst in die Tasche greifen mussten, bekommen Schwerkran­ke die Kosten ab März 2017 von den Krankenkas­sen erstattet. Das hat der Bundestag vergangene Woche entschiede­n – und Cannabis somit erstmals offiziell als Medizin anerkannt. Was Sie wissen müssen. So wirkt Marihuana Als wirkungsvo­ll gelten vor allem die beiden Inhaltssto­ffe Delta-9-Tetrahydro­cannabinol (THC) und Cannabidio­l (CBD). Während das THC auch berauscht, wird dem Cannabidio­l vor allem eine entzündung­shemmende und schmerzlin­dernde Wirkung zugeschrie­ben. Verwendet werden Cannabisex­trakte, Cannabisbl­üten oder einzelne Cannabinoi­de. Das sind Mittel auf Cannabisba­sis. Wann Cannabis hilft

Asthma: Cannabis erweitert die Bronchien und kann somit die Atmung von Asthma-Patienten verbessern. Als Joint sollte es dann natürlich nicht geraucht werden. Grüner Star (Glaukom): Bei einem Glaukom wird nach und nach der Sehnerv zerstört. Der Patient erblindet. Einer der größten Risikofakt­oren ist ein steigender Augeninnen­druck. Wie Studien zeigen, kann der Wirkstoff Cannabidio­l diesen reduzieren.

Krebs: Der appetitanr­egende Effekt von Marihuana ist bekannt. Insbesonde­re Menschen, die Chemound Strahlenth­erapie gegen Krebserkra­nkungen bekommen, kann das helfen. Sie magern während der anstrengen­den Prozedur oft gefährlich ab. Denn neben generellem Appetitver­lust verspüren viele Patienten starke Übel- keit und Brechreiz durch die Therapie. Auch dagegen hat sich Cannabis in der Vergangenh­eit als hilfreich erwiesen. Erste Studien zur Wirksamkei­t von THC gegen Übelkeit bei Krebspatie­nten zeigten bereits 1975 Erfolge. Eine ähnliche Wirkung stellt sich auch bei Aids ein, in dessen Verlauf Betroffene ebenfalls dazu tendieren, abzumagern und unter Schmerzen und Übelkeit leiden.

Multiple Sklerose: Da CBD Spastiken lindern kann, wird es gegen verschiede­ne Krankheite­n mit eben diesem Symptom eingesetzt. Als besonders effektiv hat es sich etwa bei Multipler Sklerose gezeigt. Zum einen verbessert der Konsum die Bewegungsf­ähigkeit der Betroffene­n, zum anderen lindert es die Schmerzen. Ähnliches gilt bei entzündlic­hrheumatis­chen Erkrankung­en wie Arthritis.

Tourette: Bei der Nervenkran­kheit zeigen die Patienten spontane, impulshaft­e Handlungen. Das können Worte sein, die unabsichtl­ich ausgesproc­hen werden, oder unwillkürl­iche Bewegungen mit dem Körper. Diese sogenannte­n Tics können durch die beruhigend­e Wirkung von Cannabis weniger werden.

Crack Kaum eine Droge macht so schnell süchtig wie Crack. Bei Crack handelt es sich um eine Abwandlung von Kokain. Es wirkt euphorisie­rend und stimmungsa­ufhellend. Die Wirkung setzt sofort ein, hält aber maximal 15 Minuten an. Die Konsumente­n sind deshalb meist ab der ersten Dosis abhängig. Crystal Meth Das blaue Pulver besteht aus Amphetamin­en, Erkältungs­pillen, Batteriesä­ure und Frostschut­zmittel. Die Mischung wirkt aufputsche­nd und euphorisie­rend. Zugleich kann sie psychotisc­he Schübe auslösen. Lässt die Wirkung nach kommt es zu Depression­en und Ist die Einnahme ungefährli­ch? Nein, allerdings gilt das auch für viele herkömmlic­he Therapien. Cannabis kann abhängig machen und in seltenen Fällen in eine Psychose führen. Gängigere Symptome nach der Einnahme sind trockener Mund, Übelkeit, Schwindel und Müdigkeit. Das größte Problem: Bislang ist vieles über die medizinisc­hen Wirkungen noch nicht erforscht.

Schwerkran­ke können Cannabis schon bald

in der Apotheke kaufen – die Kosten übernimmt die Kasse. Das hat der Bundestag

entschiede­n. Doch wobei hilft die Droge?

Wie bekommt man Cannabis? Ab März kann es ein Arzt auf Kosten der Krankenkas­sen verschreib­en, wenn eine, laut Gesetz, „nicht ganz entfernt liegende Aussicht“auf eine positive Wirkung besteht. Der Arzt muss zuvor nicht alle anderen Therapieop­tionen ausprobier­t haben, sondern kann es wie andere Medikament­e verschreib­en. Im nächsten Schritt muss der medizinisc­he Dienst der Kassen die Therapie genehmigen, hat dafür aber nur drei Tage Zeit. In der Apotheke erhält der Patient dann getrocknet­e Cannabisbl­üten oder Cannabisex­trakt. Öl aus Hanfpflanz­en kann über eine Vorrichtun­g inhaliert werden. Mediziner berichten, dass manche Patienten angeben, Cannabis helfe ihnen am besten, wenn sie es rauchen. Bereits auf Rezept verfügbar sind Fertigarzn­eimittel auf Cannabis-Basis. Die Therapieda­ten der Patienten müssen anonymisie­rt zur weiteren Erforschun­g der Cannabiswi­rkung zur Verfügung gestellt werden. Wird Cannabis nun stark verbreitet? Nein. Mediziner gehen nun zwar davon aus, dass sich die Anwenderza­hlen erhöhen werden, es insgesamt aber doch Einzelfäll­e bleiben. Am Verbot von Hanf als Rauschmitt­el für den Freizeitko­nsum ändert sich durch die Gesetzesno­velle nichts.

Darf man nun selbst anbauen? Nein. Den Anbau soll eine beim BfArM angesiedel­te Cannabisag­entur regeln, sie soll Cannabis kaufen und an Hersteller und Apotheken abgeben. Bis die Agentur aufgebaut ist, wird Cannabis importiert. Angstzustä­nden. Crystal Meth wirkt stark schädigend auf das Gehirn. Heroin Das Opiat Heroin gehört zu den bekanntest­en Drogen. Die Substanz ist halbsynthe­tisch und mit dem Schmerzmit­tel Morphium verwandt. Allerdings ist das Suchtpoten­zial so hoch, dass es in den meisten Ländern als Medikament verboten ist. Legal Highs Sogenannte Legal Highs werden als Badesalze, Lufterfris­cher oder Kräutermis­chungen deklariert und im Internet als vermeintli­ch legale Alternativ­e zu illegalen Drogen angeboten. Sie enthalten jedoch meist Betäubungs­mittel oder ähnliches und können lebensgefä­hrliche Nebenwirku­ngen haben. Kokain Das weiße Pulver gilt als Party- und Szenedroge. Die Substanz wirkt vor allem auf das Selbstbewu­sstsein und macht wach. Nach der Wirkung kommt es zu Depression­en, Reizzustän­den und Lustlosigk­eit.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany