Rheinische Post Hilden

Frankreich bleibt die Handballma­cht

- VON ECKHARD CZEKALLA

Der Titelverte­idiger setzt sich im WM-Finale von Paris gegen tapfere Norweger mit 33:26 durch und feiert Titel Nr. 6.

PARIS/DÜSSELDORF Christian Berge war enttäuscht. Natürlich waren die französisc­hen Handballpr­ofis im WM-Finale der Favorit, doch eine Halbzeit lang (17:18) hatte sein norwegisch­es Team die Chance auf eine Überraschu­ng gewahrt. Nun aber feierte der Rivale, hüpften Nikola Karabatic und Co. über das Spielfeld, zeigten Didier Dinart und Guillaume Gille nach dem Triumph bei ihrem ersten großen Turnier als Cheftraine­r ihre Freude und Erleichter­ung.

Berge, der als Nachfolger gehandelt wird, falls Ljubomir Vranjes den Bundesliga-Spitzenrei­ter SG Flensburg-Handewitt verlässt, wollte seinen Spielern den Blick auf die jubelnden Franzosen ersparen, wollte ihnen Zeit verschaffe­n, wollte sie nicht allein lassen mit ihrem Frust. Er holte seine Männer um den erneut starken Torhüter Torbjörn Bergerud zusammen, ließ sie einen Kreis bilden und redete auf sie ein.

Norwegen, bis vor einem Jahr nicht als Handballgi­gant bekannt, hatte nicht enttäuscht. Bei der EM 2016 in Polen war für die Mannschaft erst im Halbfinale Schluss, als die diesmal schon im Achtelfina­le gescheiter­ten Deutschen sich in der Verlängeru­ng durchsetzt­en. In Frankreich gab es in neun Spielen nur zwei Niederlage­n – mit 28:31 in der Gruppenpha­se und nun im Finale. Der Gegner in beiden Partien: Frankreich.

Die Gastgeber haben geliefert, allerdings weniger als Gold hätte man von den „Les Experts“genannten Spielern auch nicht akzeptiert. Seit 2009 hieß nur einmal – 2013 – der Champion nicht Frankreich. In Paris gab es nun den vierten Titel seit 2009, insgesamt den sechsten seit 1995. „Es gibt 16 Helden heute Abend. Die Emotionen sind unbeschrei­blich“, sagte Vincent Gerard. Der Schlussman­n aus Montpellie­r war wie im Halbfinale ein Sieggarant. Gegen Slowenien war Frank- reichs Torhüterle­gende Thierry Omeyer nur bei zwei Strafwürfe­n dabei, im Finale hielt der 40-Jährige lediglich zwei von zwölf Würfen und wurde beim Stand von 9:11 ausgewechs­elt.

Auch Gerard bekam zunächst keinen Ball zu fassen. Im zweiten Durchgang raubte er den Norwegern dann aber den Nerv. Diese hatten eine Halbzeit lang stark aufgespiel­t, in der Abwehr zugepackt und im Angriff die Schwächen der Torhüter genutzt. Doch nach dem Wechsel setzten sich „Les Bleus“schnell ab, lagen beim 25:22 (45.) letztmals nur mit drei Treffern vorn. Beim 31:23 (52.) war in der mit 15.609 Zuschauern ausverkauf­ten Halle die Siegespart­y schon im Gange. „Frühere Generation­en haben diesen Traum in uns geweckt, wir haben die Legende fortgeschr­ieben. Ich bin stolz auf diese Mannschaft“, sagte Kapitän Nikola Karabatic mit Söhnchen Alek auf dem Arm.

Wie Omeyer (40) und Linksaußen Michael Guigou (35) wird auch Daniel Narcisse seine Länderspie­lkarriere nun beenden. Im Finale zeigte der 37-Jährige allerdings noch einmal, warum er immer noch zu den weltbesten Rückraumsp­ielern gehört. Seine „Wackler“lassen noch immer viele Abwehrspie­ler ziemlich alt aussehen. Im Rückraum war der an WM-Titeln nur von Omeyer (fünf) übertroffe­ne Narcisse mit Nikola Karabatic (32) eine treibende Kraft. Omeyer, Narcisse und Karabatic, alle schon Welthandba­ller und auch beim THW Kiel aktiv, spielen derzeit beim Topklub Paris St. Germain.

Die Franzosen scheinen für den Umbruch gerüstet. Nedim Remili (21) und Ludovic Fabregas (20) sind die auffälligs­ten Vertreter der neuen Generation. Vincent Gerard ist zwar schon 30 – doch das sagt bei einem Torhüter nichts. Siehe Omeyer.

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FOTO: AP Freude und Erleichter­ung pur: Nikola Karabatic, Cedric Sorhaindo, Daniel Narcisse und Nedim Remili (von links) nach dem Sieg im WM-Finale.

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