Der Gentleman mit den markanten Zügen
Der Schauspieler John Hurt ist tot. Selbst wenn er Nebenrollen spielte, machte er sich unersetzlich.
LONDON (dpa) Auf der Leinwand starb der britische Schauspieler John Hurt unzählige Tode. Legendär wurde die Szene aus dem ScienceFiction-Horrorfilm „Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt“von 1979, in der Hurt als Weltraumoffizier Kane zum Opfer eines außerirdischen Parasiten wird.
Jetzt ist Hurt tatsächlich gestorben. Er erlag diese Woche im Alter von 77 Jahren einem Krebsleiden in seinem Zuhause in der englischen Grafschaft Norfolk.
Doch obwohl er viel häufiger als Nebendarsteller auftrat als in Hauptrollen, wird er mit weit mehr als einer einzigen Szene in Erinnerung bleiben. Hurt wirkte im Laufe seiner über 50-jährigen Karriere als Schauspieler in mehr als 120 Kinound Fernsehfilmen mit.
Geschätzt wurde der Schauspieler vor allem wegen der einfühlsamen Weise, mit der er sich in die Filmrollen hineinversetzen konnte. Selbst wenn er nur in einer Nebenrolle zu sehen war, machte er sich damit unersetzlich. Seine markanten Gesichtszüge halfen ihm dabei. Ein jüngeres Publikum lernte ihn als weisen Zauberstabmacher Garrick Ollivander in mehreren „Harry Potter“-Filmen kennen. In den Filmen „Wie man sein Leben lebt“(1975, Originaltitel: „A Naked Civil Ser- vant“) und „An Englishman in New York“(2009) spielte der feingliedrige Hurt den exzentrischen homosexuellen Schriftsteller und Entertainer Quentin Crisp, der wegen seiner Neigung, Frauenkleider zu tragen, verbale und körperliche Angriffe ertragen musste. Seine größte Rolle hatte er als Joseph Merrick im Film „Der Elefantenmensch“von David Lynch (1980). Hurt spielte darin einen durch eine Krankheit bis zur Unkenntlichkeit entstellten Mann im viktorianischen England. Er muss als Zirkusattraktion herhalten, bis ihn der Chirurg Frederick Treves (Anthony Hopkins) befreit und ihm seine Würde zurückgibt. Hurt bekam dafür den Preis der British Academy für die beste Hauptrolle des Jahres 1980. Für den Film „12 Uhr nachts – Midnight Express“(1978), in dem er einen Häftling in einem türkischen Gefängnis spielt, wurde er für einen Oscar als bester Nebendarsteller nominiert.
Doch Hurt hatte nicht nur ein Talent für ernste Figuren. Unvergessen bleibt sein Auftritt in „Space Balls“(1987). In dem Science-Fiction-Klamauk parodierte er seine eigene Sterbeszene aus „Alien“. „Oh nein, nicht schon wieder“, stammelt er, als ihm ein außerirdisches Monster durch die Bauchdecke bricht.
Im Jahr 2015 wurde John Hurt von Queen Elizabeth II. zum Ritter geschlagen. Im selben Jahr gab er bekannt, dass er an einem frühen Stadium von Bauspeicheldrüsenkrebs leidet. Angst davor zu sterben, hatte John Hurt nicht, wie er in einem Interview des britischen Magazins „Radio Times“kurz nach Bekanntwerden seiner Erkrankung sagte. Nun ist er tatsächlich gestorben. Hurt hinterlässt zwei Söhne und seine Frau, mit der er in vierter Ehe verheiratet war. Sie teilte am Samstag mit, die Welt werde fremd wirken ohne ihn, er sei der „vornehmste aller Gentlemen“gewesen.