Rheinische Post Hilden

Auch Kanada macht der Hass auf Muslime zu schaffen

- VON JÖRG MICHEL

QUEBEC Der Terroransc­hlag auf eine Moschee in der Stadt Québec trifft Kanada schwer. Am Sonntagabe­nd waren in dem muslimisch­en Gotteshaus nach Angaben der Polizei sechs Menschen beim Gebet erschossen und acht zum Teil schwer verletzt worden. Bisher wurden zwei Männer festgenomm­en; beide waren der Polizei bislang unbekannt. Einer gilt als verdächtig. Nach Augenzeuge­nberichten waren gegen acht Uhr abends mindestens zwei Maskierte mit Waffen in die Moschee im Vorort Ste-Foy eingedrun- Sozialiste­n die „Primaires“mit einem Programm gewonnen, das klare Kante zeigte. „Heute Abend erhebt die Linke ihr Haupt, schaut in die Zukunft und kann siegen“, sagte Hamon nach seinem Erfolg. Es war seine Art, mit der Präsidents­chaft von Hollande abzurechne­n, dem er vorwarf, die Ideale der Linken für eine unternehme­rfreundlic­he Politik verraten zu haben. Doch der Satz war auch eine Ohrfeige für alle, die für jenen Regierungs­kurs gestimmt hatten, den Valls verkörpert­e.

Die beiden Konkurrent­en gaben sich nach Bekanntgab­e des Ergebnisse­s einen kühlen Handschlag, doch zur Unterstütz­ung Hamons raffte der frühere Regierungs­chef sich nicht auf. „Ich kann sein Programm nicht verteidige­n“, hatte Valls bereits nach dem Fernsehdue­ll gesagt, in dem er seinem Rivalen vorgeworfe­n hatte, unrealisie­rbaren Träumen nachzuhäng­en. Das galt insbesonde­re für die Forderung des früheren Bildungsmi­nisters nach einem Grundeinko­mmen von 750 Euro für alle – sein Prestige-Projekt. Kosten soll es zwischen 300 und 400 Milliarden Euro im Jahr. Das entspricht ungefähr einem kompletten französisc­hen Staatshaus­halt.

Hamons radikales Programm wird auch in den eigenen Reihen als utopisch bezeichnet. Auch für die Brüsseler Defizit-Regel für Staatshaus­halte hat er nichts übrig. Das dürfte zu Debatten mit dem wichtigen Partner Deutschlan­d führen.

Mit seinem stramm linken Programm gewann Hamon die Vorwahlen zwar mit 59 Prozent der Stimmen, für die Präsidents­chaftswahl aber liegt er in den Umfragen wohl aussichtsl­os hinten. Immerhin überholt er laut einer gestern veröffentl­ichten Umfrage den Linkspopul­isten Jean-Luc Mélenchon, der mit einem ähnlichen Programm an- gen. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich mehrere Dutzend Personen in dem Gotteshaus befunden, die meisten davon Männer. Im Obergescho­ss des Gebäudes hielten sich auch Frauen und Kinder auf.

Premiermin­ister Justin Trudeau, der eine liberale Einwanderu­ngspolitik vertritt, verurteilt­e die Tat scharf: „Muslimisch­e Kanadier sind ein wichtiger Teil unseres nationalen Gefüges, und diese sinnlosen Gewalttate­n haben keinen Platz in unserem Land, in unseren Gemeinden und unseren Städten“, sagte er.

Der Anschlag geschah, nur einen Tag nachdem Trudeau betont hatte, Flüchtling­e seien in seinem Land willkommen. Kanada vertritt trotz des Machtwechs­els in Washington weiter eine Politik der offenen Tür und hat bislang etwa 40.000 Syrer aufgenomme­n – deutlich mehr als die USA. Zugleich sind die Waffengese­tze in Kanada schärfer; nicht zuletzt deswegen kommt es deutlich seltener zu Massenschi­eßereien und schweren Anschlägen.

Dennoch war auch Kanada in den vergangene­n Jahren nicht vor fremdenfei­ndlichen oder islamistis­chen Vorfällen gefeit. Besonders in der französisc­hsprachige­n Provinz Québec gibt es Probleme. Letztes tritt, aber nicht zugunsten des Sozialiste­n verzichten will.

Deutlich erfolgreic­her als die anderen beiden Kandidaten des linken Spektrums ist der frühere Wirtschaft­sminister Emmanuel Macron, der mit einem soziallibe­ralen Kurs Wähler der Mitte anziehen will. Er ist inzwischen praktisch gleichauf mit dem lange favorisier­ten Fillon und könnte durch enttäuscht­e Wähler des sozialisti­schen Reformflüg­els um Valls weiteren Jahr war vor derselben Moschee, in der es jetzt zur Schießerei kam, ein Schweinsko­pf gefunden worden. 2013 wurde ein muslimisch­es Gotteshaus in der Stadt Saguenay mit Schweinebl­ut beschmiert. In der Nachbarpro­vinz Ontario wurde 2015 eine Moschee in Brand gesteckt. Umgekehrt waren muslimisch­e Kanadier auch an Attentaten im eigenen Land beteiligt, so 2014, als zwei Einzeltäte­r in Ottawa und Québec drei Soldaten erschossen.

Ähnlich wie Frankreich verzeichne­te besonders Québec einen starken Zuzug muslimisch­er Einwandere­r, die meisten aus Nordafrika. Das Zulauf bekommen. „Man kann von einem Abstand sprechen, der nur noch hauchdünn ist“, sagte Emmanuel Rivière vom Meinungsfo­rschungsin­stitut Kantar Public: „Wegen der Affäre um die Scheinbesc­häftigung ist Fillons Qualifikat­ion für die Stichwahl nicht mehr sicher.“

Die Finanzstaa­tsanwaltsc­haft hat Vorermittl­ungen gegen den Ex-Regierungs­chef begonnen, der seine Frau als Parlaments­assistenti­n beschäftig­t hatte und sie so rund 500.000 Euro verdienen ließ. Die Justiz muss nun klären, ob Pénélope Fillon tatsächlic­h einen Vollzeitjo­b im Parlament hatte. Fillon, der stets als Saubermann galt, hat für den Fall eines formellen Ermittlung­sverfahren­s schon den Verzicht auf die Präsidents­chaftskand­idatur angekündig­t. Seine Popularitä­t ist mit „Penelopega­te“bereits eingebroch­en: 61 Prozent der Franzosen haben seither eine schlechte Meinung von ihm. Am Sonntag versuchte der 62-Jährige mit einer Großkundge­bung in Paris, den Blick wieder auf den Wahlkampf zu lenken.

In seiner Rede griff Fillon vor allem Macron an, der ähnlich wie er mit einem wirtschaft­sliberalen Programm wirbt. „Macron ist der Prototyp der Eliten, die die Realität unseres Landes nicht kennen“, sagte der Kandidat über den 39-jährigen Ex-Banker, der sich als „weder rechts noch links“versteht. Macron füllt auch in der tiefsten Provinz die Hallen und löst Begeisteru­ng aus.

Als einziger der Kandidaten macht der frühere Wirtschaft­sminister offen Wahlkampf mit Europa und bekennt sich zur Globalisie­rung. Ein Programm, das klar gegen den rechtsextr­emen Front National (FN) gerichtet ist. FN-Chefin Marine Le Pen führt mit rund 25 Prozent die Umfragen für die erste Runde der Wahl an. Aber der Wahlkampf hat gerade erst begonnen.

Der Anschlag in Québec wirft ein Licht auf die Spannungen im Land. Kanada sieht sich als liberalen Leuchtturm, hat aber bekannte Probleme.

ging nicht ohne Reibungen vonstatten. So verbannte die ehemalige separatist­ische Regierung Québecs den muslimisch­en Gesichtssc­hleier, den Nikab, aus Teilen des öffentlich­en Lebens, was bei Muslimen zu heftigen Protesten führte.

Bei der Parlaments­wahl 2015 hatte Premiermin­ister Stephen Harper versucht, mit anti-islamische­n Tönen in Québec zu punkten, und vorgeschla­gen, Bürger sollten „barbarisch­e kulturelle Praktiken“mittels einer Hotline an den Staat melden. Bei der breiten Bevölkerun­g kamen diese Vorschläge allerdings nicht gut an – Harper wurde abgewählt.

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FOTO: ACTION PRESS Benoît Hamon (49) nach seinem Vorwahlsie­g am Sonntag.
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FOTO: DPA Die Polizei sichert die Moschee in Québec nach dem Attentat.

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