Rheinische Post Hilden

Der zufriedene Rentner aus Langenfeld

- VON STEPHAN MEISEL

Adolf Klein mag sich für die Höhe seiner Rente nicht entschuldi­gen.

LANGENFELD Mit seiner Netto-Rente von 1900 Euro sei er „sehr zufrieden“, sagt Adolf Klein (87). Doch die Diskussion über Generation­engerechti­gkeit in der Rentenpoli­tik macht ihm zu schaffen. „Muss ich mich dafür entschuldi­gen, dass ich mit 64 Jahren in den Ruhestand gegangen bin und seit 1993 Altersrent­e beziehe – also schon viel zu lange? Muss ich ein schlechtes Gewissen haben, dass Jüngere heute mehr Vorsorgele­istungen erbringen müssen, als ich es musste?“

In NRW bekommen Männer, die 2015 erstmals eine Altersrent­e bezogen haben, im Durchschni­tt 1092 Euro im Monat – und damit mehr als im Bundesdurc­hschnitt (1047 Euro). Bei den Frauen sind es lediglich 575 Euro (bundesweit 652 Euro), so der Deutsche Gewerkscha­ftsbund. Laut dem Rentenvers­icherungsb­ericht des Bundesar- beitsminis­teriums haben Alleinsteh­ende 1509 Euro brutto zur Verfügung. Im Durchschni­tt beziehen Frauen 22,8 Jahre reguläre Altersrent­e, Männern 18,78 Jahre, wie Zahlen des Instituts der deutschen Wirtschaft aus 2015 belegen.

Adolf Klein mag sich nicht für sein langes Leben entschuldi­gen und findet, in der politische­n Diskussion dürfte die Ungerechti­gkeit des Systems doch nicht den älteren Menschen angelastet werden. „Das ist typisch deutsch, immer irgendwelc­he Schuldigen suchen zu müssen.“Wie wohl die meisten anderen seiner Generation habe er bis zum verdienten Ruhestand zeitlebens gearbeitet. „Als Kundenbetr­euer einer internatio­nalen Spedition aus Düsseldorf war ich viel unterwegs.“

Und überhaupt: Von den monatlich überwiesen­en 1900 Euro bleibe ihm so gut wie nichts übrig. 1100 davon gehen an das Langenfeld­er Pflegeheim der Caritas, in dem seine schwer demenzkran­ke Ehefrau Maria (87) seit acht Jahren untergebra­cht ist; die Pflegekass­e übernehme 2000 Euro der monatliche­n Kosten von 5150 Euro, so dass auch die erwachsene­n Kinder Geld dazugeben müssen. 411 Euro Miete zahlt Adolf Klein für sein kleines Appartemen­t, das er wegen des täglichen Besuchs bei seiner Frau ganz in der Nähe des Heims bezogen hat. „Ich bin dann immer etwa vier bis sechs Stunden bei ihr, kümmere mich in dieser Zeit um sie, füttere sie auch.“Und er organisier­e auch regelmäßig ein gemeinsame­s Volksliede­rsingen der Heimbewohn­er.

Ersparniss­e habe er keine, sagt Adolf Klein. „Bei fünf Kindern war es uns nicht möglich, etwas fürs Alter zurückzule­gen.“Die Rente seiner Frau, die sich um Haushalt und Familie kümmerte und gelegentli­ch etwas hinzuverdi­ente, betrage 400 Euro.

Der 87-Jährige ärgert sich, dass es die Politiker in der aktuellen Rentendisk­ussion nicht hinbekomme­n, dass sämtliche Berufstäti­ge in die Sozialkass­en einzahlen. „Ob in abhängiger Beschäftig­ung, Selbständi­ge, Beamte, Abgeordnet­e oder hochbezahl­te Manager: Wenn alle in den Renten-Topf einzahlen, wäre das Problem auf Jahrzehnte gelöst.“

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FOTO: MATZERATH Adolf Klein lebt trotz einer guten Rente sehr bescheiden.

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