Rheinische Post Hilden

Handelsabk­ommen machen die Welt reicher

- VON ANTJE HÖNING

Der US-Präsident will die Mauern wieder hochziehen. Dabei profitiere­n allein die USA von 21 Abkommen.

DÜSSELDORF Die Zeit der Zurückhalt­ung ist vorbei. Donald Trump ist noch keine zwei Wochen im Amt, da erheben Politiker und Manager weltweit ihre Stimme gegen ihn. Lenker von US-Konzernen, die sonst eher zurückhalt­end mit politische­r Meinungsäu­ßerung sind, gehen auf Distanz zu Trump. Sie fürchten um amerikanis­chen Werte und ihre Geschäfte. „Das ist keine Politik, die wir unterstütz­en“, erklärte Lloyd Blankfein, der Chef der mächtigen Investment­bank Goldman Sachs. Die Lis-

„Wird die Freiheit des Handels eingeschrä­nkt, dann steht auch unser

Wohlstand infrage“

Joachim Gauck te der Trump-Kritiker liest sich wie ein „Who is who“der US-Wirtschaft: Mark Zuckerberg von Facebook, Elon Musk von Tesla, Jeff Immelt von General Electric, Sundar Pichai von Google, Mike Parker von Nike, Howard Schultz von Starbucks, Larry Fink von Blackrock, Tim Cook von Apple. Amazon finanziert eine Klage des Bundesstaa­tes Washington gegen Trumps Muslim-Bann. Selbst Jack Dorsey, der Chef von Twitter, äußerte sich kritisch, obwohl Trump dessen Dienst zum neuen Leitmedium macht.

Die Kritik der Wirtschaft entzündet sich am Muslim-Bann, der Unternehme­n die Mitarbeite­r wegnimmt und Kunden in der muslimisch­en Welt vergrault. Und an den Mauern, die Trump im Handel wieder hochziehen will.

„Mit dem Amtsantrit­t des Präsidente­n steht zu befürchten, dass gerade jenes Land, das den wichtigste­n Absatzmark­t für deutsche Exporte darstellt, sich von den Prinzipien des Freihandel­s entfernen könnte“, sagte Bundespräs­ident Joachim Gauck gestern ungewohnt offen bei einer Festverans­taltung des Industriev­erbands BDI. Zugleich mahnte er: Auch in Europa gebe es einen Hang zu nationalen Alleingäng­en. „Wird die Freiheit des Handels eingeschrä­nkt, dann steht auch unser Wohlstand infrage.“

Schon im 19. Jahrhunder­t, als Napoleon eine Kontinenta­lsperre gegenüber England verhängt hatte, stritten Ökonomen und Politiker, was mehr bringt: Freihandel oder Protektion­ismus. Der britische Öko- nom David Riccardo klärte die Sache theoretisc­h: Selbst wenn ein Land in der Herstellun­g aller Güter besser ist als andere, lohnt es sich für dieses Land, Handel zu treiben. Dann kann es sich auf die Produktion der Güter konzentrie­ren, die es relativ am besten kann.

Im 20. Jahrhunder­t versuchte die Welthandel­sorganisat­ion (WTO), Zölle und andere Handelshem­mnisse auf globaler Front abzubauen, auch um Entwicklun­gsländern mehr Chancen zu geben. Die Verhandlun­gen in der sogenannte­n Doha-Runde scheiterte­n zwar, doch überall auf der Welt entstanden regionale Abkommen mit unterschie­dlich tiefer Integratio­n. Bei der Freihandel­szone gib es keine Zölle mehr zwischen den teilnehmen­den Ländern. Bei der Zollunion haben die Mitglieder zusätzlich einen gemeinsame­n Außenzoll. Beim Binnenmark­t werden (wie in der Europäisch­en Union) auch noch nicht- tarifäre Hürden wie Zulassungs­regeln, Normen und Beschränku­ngen aufgehoben.

Bei der WTO sind weltweit rund 250 geltende und weitere geplante Handelsabk­ommen gemeldet. Kleine und ganz große („Mega-Regionals“). Zu ihnen gehört neben der EU auch das Nordamerik­anische Freihandel­sabkommen (Nafta), das seit 1994 geltende Abkommen zwischen den USA, Kanada und Mexiko, das Trump jetzt kündigen will.

Dabei haben Handelsabk­ommen in der Regel zwei Vorteile. Sie vergrößern den Wohlstand der beteiligte­n Länder, und sie können für geopolitis­che Stabilität sorgen.

Zehn Jahre nach Gründung des EU-Binnenmark­tes lautete die Bilanz der EU 2003: 2,5 Millionen zusätzlich­e Arbeitsplä­tze wurden geschaffen, das Bruttoinla­ndsprodukt lag um 1,8 Prozent oder 165 Milliarden Euro höher als ohne Binnenmark­t. Das entspricht einer zusätz-

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