REISE&ERHOLUNG
fahrten. „Als unterstützende Therapie“, sagt Jan von Werthern vom Heilstollen-Marketing. Abgeschirmt vor Elektrosmog unter Tonnen reinem Steinsalz ist die Luft fühlbar pollenfrei.
Durchatmen geht in Berchtesgaden auch außerhalb des Heilstollens. „Wen Gott liebt, den lässt er fallen in dieses Land“, schrieb der Schriftsteller Ludwig Ganghofer einst. Gott und Engelbert Aigner dürften sich einig sein. Das Berchtesgadener Land – für Aigner ist es Heimat, Brauchtum, Kultur und Leben. „Total verwurzelt“sei er mit seiner Region. Dass er einen der ältesten Berufe Bayerns wählte, scheint logische Konsequenz. Aigner ist Säckler, genauer gesagt Lederhosenmacher. Seine beiden Söhne tun es ihm nach.
Die Tradition lebt auch in der ältesten Enzianbrennerei Deutschlands, die kostenlose Brennereiführungen, hochprozentige Kostproben und eine Museumsbrennhütte bietet. Seit 1692 hat man bei Grassl Brennrecht auf Wacholder, Enzian und Meisterwurz. Ein Teil des Sortiments wird im Tal und vieles auf Brennhütten erzeugt, in denen so mancher Wanderer sich Kostproben mitnimmt. Inmitten einer der Hütten zündet Bergbrenner Hubert Ilsanker gerade Holz unter einem Kupferkessel an. Ein Auszug aus Lavendel, Zitrone, Wacholder, Gebirgswasser und geheimen Zutaten gärt daneben. Gin ist der neuste Coup der Gebrüder Martin und Florian Beierl, die bei Grassl die Geschäfte lenken.
Destillateur Florian Beierl ist auch Historiker. Er hat ein Buch geschrieben über den Berchtesgadener Obersalzberg, der zwischen 1933 und 1945 vom Bergbauernidyll zum Führersperrgebiet wurde. Reminiszenz dieser Zeit ist das Kehlsteinhaus auf 1834 Metern Höhe. Eine Sonderbuslinie überbrückt 800 Meter Höhenunterschied zu dem früheren Repräsentationsgebäude der Nationsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, das Adolf Hitler zum 50. Geburtstag bekam. Dem Felsen abgerungen bringt ein Aufzug aus hochpoliertem Messing heutzutage Touristen im Minutentakt zum „Adlerhorst“.
Einkehr im „Gasthof Auzinger“direkt am Nationalpark in Ramsau. Es gibt Gekochtes und Gebratenes aus einem 150 Jahre alten Holzofen – und die ungewöhnlich musikalische Wirtsfamilie Hillebrand. An Silvester spielt sie für die Gäste auf – vom Seniorchef bis zum Enkelkind. Das ist noch so eine ganz besondere unter den vielen Traditionen im Berchtesgadener Land.