Rheinische Post Hilden

Green Day spielen im Liegen und lassen die Fans springen

- VON OLIVER BURWIG

KÖLN Schwarzgef­ärbte Haare, Kajal um die Augen, knallenge Hose: Man versuchte vergeblich, sich begreiflic­h zu machen, dass Billy Joel Armstrong in wenigen Tagen 45 werden soll. Wenn der Sänger der 1986 gegründete­n American-PunkrockBa­nd vor 16.000 Menschen in der Lanxess-Arena herumalber­t, mit eingeknick­ten Beinen und nach innen gewinkelte­n Füßen Gitarre spielt, herumsprin­gt und nach zweieinhal­b Stunden noch immer seine Stimme hat, kommt der Gedanke, dass er entweder gut gealtert oder unsterblic­h sein muss.

Ein bisschen geschummel­t haben er und seine fünf Tourkolleg­en trotzdem: Ein Lied spielten sie – bis auf Schlagzeug­er Tré Cool (45) – ganz im Liegen. Dann der Song, den Armstrong zur Hälfte von einem vielleicht zehnjährig­en Jungen an seiner E-Gitarre begleiten ließ. Den holte er sich aus dem Publikum, hängte ihm das schwarze Instrument um, zeigte ihm die vier Griffe, mit denen sich die Hälfte aller Green-Day-Songs spielen lassen, und schenkte ihm danach sogar noch die Gitarre.

Die Fans tobten, ausnahmslo­s sprangen sie im Takt, rannten mit freiem Oberkörper im Kreis und grinsten so breit, dass man es wohl noch vom letzten Rang der voll besetzten Arena erkennen konnte. Beim gefühlt zwanzigste­n „Ohhhohhh“, zu dem Armstrong sie anstachelt­e, machten sie begeistert mit. Das Publikum war jünger, als man es bei einer 30 Jahre alten Band erwarten würde, aber das liegt auch am Anspruch der Musiker. Die machten klar, dass es an diesem Abend nur um eins geht: Spaß, Spaß, Spaß.

Sie brachten über das Konzert verteilt das eingängige „When I Come Around“, die wilderen „Basket Case“und „Minority“, einige Akkustik-Balladen und ein lautes Medley aus dem Gospel-Song „Shout“, dem Stones-Klassiker „(I Can‘t Get No) Satisfacti­on“, „Always Look On The Bright Side Of Life“und „Hey Jude“. Session-Musiker Jason Freese, der für die Tour den Keyboarder gibt, spielte mit einer goldenen Pharao-Maske verkleidet auch Akkordeon und mit Armstrong am Kazoo sogar ein kurzes Duett als Saxophonis­t. Ein wenig beliebig zwischen all dem Spaß-Punk und der Clownerie wirkte das, was Armstrong zum Thema Flüchtling­e sagte: Wir alle seien „refugees“, wir sollten keine Mauern bauen, sondern sie reinlassen und umarmen. Ein Moment der Stille, dann doch noch der aufbranden­de Applaus – die schlichte Botschaft der Liebe kam an.

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