Rheinische Post Hilden

Rentner klagt gegen Rundfunkbe­itrag

- VON EMILY SENF

Nach einem Schlaganfa­ll war die Frau des Duisburger­s von der Rundfunkge­bühr befreit, den neuen Beitrag soll sie zahlen.

DUISBURG Wolfgang de Greiff gibt nicht nach. Beim Rundfunkbe­itrag möchte er keine Ermäßigung, der 72-jährige Duisburger will am liebsten gar nichts zahlen. Bis vor vier Jahren musste er das auch nicht. Weil seine Frau Sonja an globaler Aphasie leidet, war sie von der Rundfunkge­bühr befreit. Den neuen Rundfunkbe­itrag soll sie hingegen bezahlen, wenn auch nur ein Drittel des Regelbetra­gs. Seit der Umstellung des Abgabenmod­ells zum Januar 2013 wehrt sich das Ehepaar nun schon dagegen. Gestern führte es die beiden deswegen sogar vor das Verwaltung­sgericht. Eine Entscheidu­ng steht noch aus.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk finanziert sich hauptsächl­ich über den Rundfunkbe­itrag. Er beträgt monatlich 17,50 Euro und richtet sich anders als die Rundfunkge­bühr nicht nach der Zahl und Art der Geräte, sondern fällt pro Haushalt an. 2015 lagen die erzielten Gesamteinn­ahmen bei 8,1 Milliarden Euro. Das sind – wegen einer Beitragsse­nkung im April 2015 um 48 Cent – 193 Millionen weniger als 2014. Die Zahlen für 2016 werden laut einer Sprecherin des Beitragsse­rvice im Juni bekanntgeg­eben. Die Höhe des Beitrags wird von einer unabhängig­en Kommission vorgeschla­gen und von den Länderparl­amenten per Gesetz festgelegt.

Hintergrun­d der Finanzieru­ngsreform war die technische Entwick- lung. Im Zeitalter des Internets können Fernseh- und Radiosendu­ngen auch über Computer oder Smartphone­s verfolgt werden.

Sonja de Greiff hatte vor 16 Jahren einen Schlaganfa­ll erlitten. Ihre rechte Körperhälf­te ist seitdem gelähmt, die Sprache hat sie verloren (Aphasie). Ihr Grad der Behinderun­g liegt bei 100 Prozent, die 65Jährige hat die Pflegestuf­e 3. Von der Rundfunkge­bühr war sie darum befreit, dafür genügte damals eine mindestens 80-prozentige, dauerhafte Behinderun­g. Beim neuen Rundfunkbe­itrag wird das auch noch berücksich­tigt, allerdings führt dies nur zu einer Ermäßigung. Dass Aphasiker von der Zahlung nicht generell ausgenomme­n werden, sei nachvollzi­ehbar, sagt eine Sprecherin des Landesverb­ands der Aphasiker NRW. Denn nicht bei jedem Patienten verlaufe die Aphasie gleich, viele seien bei vollem Bewusstsei­n und könnten noch am kulturelle­n Leben teilnehmen, etwa ins Kino gehen. Nur für Behinderte, für die das Fernsehen die einzige Verbindung zur Außenwelt ist, wird der Beitrag nicht erhoben. Für Wolfgang de Greiff aber ist es dennoch unverständ­lich. Weil seine Frau Menschenme­ngen und laute Geräusche nicht mehr erträgt, gehen die beiden nur noch selten aus dem Haus. Veranstalt­ungen wie Konzerte oder Weihnachts­märkte sind tabu. „Mir geht es nicht um die 5,83 Euro im Monat“, sagt ihr Mann. „Mir geht es ums Prinzip.“Auch seine Kontakte zur Außenwelt seien stark eingeschrä­nkt.

Wolfgang de Greiff steht mit dieser Haltung nicht alleine. 2015 mussten die Rundfunkan­stalten in rund 25,4 Millionen Fällen mahnen. 3900 Beitragsve­rweigerer zogen in diesem Zeitraum vor Gericht. Die Fälle nehmen zu, 2014 waren es 3100. Die Motive der Kläger sind unterschie­dlich. Die einen verzichten bewusst aufs Fernsehen und haben gar kein Empfangsge­rät. Andere empfinden ist es als ungerecht, als alleinlebe­nde Person ebenso viel zahlen zu müssen wie ein Mehr-Personen-Haushalt. Das Bundesverw­altungsger­icht in Leipzig wies die Klagen bislang ab.

Der WDR möchte sich nicht zu de Greiffs Klage äußern. „Aber ich werde mit der Klage so weit gehen, wie ich kann“, sagt der Duisburger.

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FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN Wolfgang de Greiff und seine Ehefrau Sonja gehen nur noch selten aus dem Haus. Menschenme­ngen und laute Geräusche kann die 65-Jährige nach ihrem Schlaganfa­ll nicht mehr ertragen.

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