KOMMENTAR
Die Klageandrohung gegen geöffnete Geschäfte an acht Sonntagen 2017 stößt auf deutliche Kritik. Gewerkschafts-Geschäftsführerin Peifer dagegen bemängelt fehlende Signale aus dem Rathaus.
Im Stadtrat ist morgen eine breite Mehrheit für den Vorschlag der Stadtverwaltung wahrscheinlich, an acht Sonntagen in diesem Jahr die Geschäfte von 13 bis 18 Uhr zu öffnen. Ob das Ratsvotum auch komplett umgesetzt wird, steht aber dahin. Die Gewerkschaft Verdi hat eine Klage angekündigt, sollte der Rat so beschließen. „Wir werden zunächst gegen die Sonntagsöffnung am 2. April klagen“, kündigt VerdiGeschäftsführerin Stephanie Peifer gegenüber unserer Redaktion an, „das Verfahren werden wir auch gewinnen“. Dann sehe man weiter.
In vielen Städten hat sich Verdi bereits vor Gericht durchgesetzt. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom November 2015, das klargestellt hat, dass die Anlässe für Geschäftsöffnungen an Sonntagen – wie etwa Messen – für das Geschehen an diesem Tag prägend sein müssen. Durch diese Anlässe müssten deutlich mehr Besucher angezogen werden als durch die Ladenöffnungen selbst. „Dies ist aber in allen acht beantragten Sonntagsöffnungen nicht der Fall“, so Verdi.
Ein möglicher Totalausfall an Sonntagsöffnungen in der Landeshauptstadt ist für viele Politiker nur schwer vorstellbar. Für Verdi offenbar schon. Während in der Pressemitteilung der Gewerkschaft die Öffnungen am 2. April wegen der Beauty-Messe oder am 7. Mai der Benrather Mai-Markt als besonders kritikwürdig herausgestellt werden, geht es in der offiziellen Stellungnahme von Verdi zum anstehenden Ratsbeschluss auch wegen einer Leitmesse wie der Interpack zur Sa- che. Deren rund 175.000 Besucher werden auf sieben Tage Messelaufzeit heruntergerechnet, um zum Schluss zu kommen, dass 3000 Messebesucher pro Stunde nicht geeignet sein können, das Geschehen im gesamten Stadtgebiet zu prägen. Ergo: Auch hier ist die Berechtigung einer Sonntagsöffnung fraglich.
Harte Kritik kommt von der FDP. Fraktionschefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann verweist auf den 2015 geschlossenen Kompromiss für die verkaufsoffenen Sonntage, bei dem neben den Kirchen auch Verdi mit am Tisch saß. Die Zahl der offenen Sonntage war damals auf zwölf begrenzt worden, auch waren bestimmte Tage zusätzlich ausgenommen worden.
„Es ist beschämend, dass Verdi sich gegen den selber ausgehandelten Kompromiss an das Gericht wendet“, sagt Strack-Zimmermann. „So kann kommunale Zusammenarbeit nicht funktionieren.“Wie sie argumentiert auch CDU-Fraktionschef Rüdiger Gutt. „Verdi gefährdet innerstädtische Arbeitsplätze im stationären Handel, der sich gegen Vertriebswege im Internet und Outlets behaupten muss.“Es drohe ein Schaden für die Einkaufsstadt Düsseldorf. Für die SPD meint Fraktionsvize Martin Volkenrath, man werde im Rat das Paket mit beschließen, es sei aber nicht schlecht, wenn nun vor Gericht geklärt werde, was erlaubt sei und was nicht.
Peifer lässt die Kritik nicht auf sich sitzen. Es gebe seit November 2015 eine neue Rechtslage. Niemand sei zudem für Verhandlungen auf Verdi zugegangen, den Schwarzen Peter lasse man sich deswegen nicht zuschieben. Peifer lässt jedoch offen, ob man tatsächlich gegen alle Sonderöffnungen klagen wird.
Im Rat sollen folgende Sonntagsöffnungen verabschiedet werden: 2. April Stadtmitte/Altstadt (Anlass: Beauty-Messe/Top-Hair); 7. Mai Stadtmitte/Altstadt/Carlstadt (Interpack) sowie Benrath (Maimarkt); 11. Juni. Bilk/Unterbilk (Kult-Tourund Stadtteilfest); 27. August Oberkassel (Luegalleefest); 10. September Eller (Gumbertstraßenfest) und Kaiserswerth (Kartoffelfest und Büchermarkt); 17. September Carlstadt (Hohe-Straßen-Fest), Pempelfort/Derendorf (Nordstraßenfest); 3. Dezember Pempelfort/Derendorf/Gerresheim/Benrath/Kaiserswerth/Bilk/Unterbilk/Oberkassel/ Eller (örtl. Weihnachtsmärkte); 10. Dezember Stadtmitte/Altstadt/Carlstadt (City-Weih
nachtsmarkt).
Gibt es bald gar keine Sonntagsöffnungen mehr in Düsseldorf? Die Gewerkschaft Verdi ist mit Blick auf die im Stadtrat zur Abstimmung anstehenden acht Termine für 2017 überzeugt: Sie sind allesamt unzulässig. Verdi spricht sich in der Stellungnahme ebenso gegen die Sonderöffnungen aus wie katholische und evangelische Kirche. Das ist nicht überraschend und dennoch enttäuschend. Der 2015 formulierte Kompromiss nennt Regeln, die über das Gesetz hinausgehen: Er begrenzt die Termine auf zwölf Kalendertage und verbietet Öffnungen an Reformationstag und Tag der Arbeit. Jetzt, da es ein neues Urteil gibt, gehen die Kritiker schärfer vor. Sie mögen im Recht sein, ob sie der Stadt und dem Erhalt von Arbeitsplätzen dienen, ist aber fraglich. Denn jede Überregulierung des Handels ist Werbung für den Ausflug zum Outlet nach Roermond oder die Bestellung im Online-Shop. Deswegen muss ein Kompromiss her, die Stadt sollte auf die klagewillige Gewerkschaft zugehen.
uwe-jens.ruhnau @rheinische-post.de