Rheinische Post Hilden

Digital-Experte kontrollie­rt bald Siemens

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Das Wissen von IT-Profis in Kontrollgr­emien und Vorständen ist gefragt. Das bestätigt die Wahl von Jim Hagemann Snabe zum künftigen Chefkontro­lleur des Konzerns. Auch Vorstände von Telekom und Vodafone sind begehrt.

MÜNCHEN Bei Siemens steht im kommenden Jahr ein Generation­enwechsel ins Haus. In dem früheren SAP-Manager Jim Hagemann Snabe beerbt ein digital tickender Manager den ausscheide­nden Aufsichtsr­atschef Gerhard Cromme. Der wiederum dürfte nichts dagegen haben, wenn man ihn mit seinen 73 Jahren und den langjährig­en Erfahrunge­n in der Industrie der „old economy“zurechnet.

Die Personalie verkündete Siemens pünktlich zur Hauptversa­mmlung und traf damit bei den Aktionären ins Schwarze: „Wir hoffen mit Ihnen, Danish Dynamite, dass es weiter bergauf geht“, sagte Bernd Günther von der Hamburger Vermögensv­erwaltung Idunahall. Auch Aktionärss­chützerin Daniela Bergdolt hält Snabe für den richtigen Mann für das Amt. Der 51-jährige Däne ist ein Software-Mann durch und durch und hat fast sein ganzes Berufslebe­n bei SAP ver- bracht, vier Jahre davon als Co-Chef und später als Aufseher. Ein passender Sparringsp­artner also für Siemens-Chef Joe Kaeser, der die Themen virtuelle Realität, Industrie 4.0 und Start-ups im eigenen Konzern pusht. Snabe, der bereits im Siemens-Kontrollgr­emium sitzt, soll sich dort schon zu genau diesen Feldern kenntnisre­ich an den Debatten beteiligt haben.

Wie begehrt Aufseher oder Spitzenman­ager mit digitaler Kompetenz sind, zeigt sich speziell bei den Managern der Deutschen Telekom. Der aus Solingen kommende Vorstandsc­hef Tim Höttges ist eigentlich extrem zu- rückhalten­d, seinen Sachversta­nd auch anderen Unternehme­n zur Verfügung zu stellen, weil er bei Aktivitäte­n in mehr als 20 Ländern und mit 225.000 Mitarbeite­rn wahrlich genug zu tun hat. Aber für den Düsseldorf­er Dax-Konzern Henkel machte der 54jährige eine Ausnahme: TelekomAuf­sichtsrats­chef Ulrich Lehner ist gleichzeit­ig Henkel als früherer Vorstandsc­hef und Mitglied im Aufsichtsr­at engstens verbunden – also zog auch Höttges im April in das Beratungsg­remium ein.

Seine Vorstandsk­ollegin Claudia Nemat war drei Jahre im Aufsichtsr­at von Lanxess, doch als im Juli 2016 ent- schieden wurde, dass sie den neuen Riesenbere­ich Innovation und Netze übernehmen soll, gab sie das Mandat zurück – ein herber Verlust für den Kölner Chemiekonz­ern.

Wie begehrt digitales Wissen ist, zeigte sich auch, als René Obermann Ende 2013 als Chef der Telekom freiwillig im Alter von damals 50 Jahren aufhörte: Direkt holten ihn Eon und Thyssenkru­pp in ihre Aufsichtsr­äte, wobei er bei Eon erstaunlic­herweise bereits wieder gegangen ist.

Thorsten Dirks schaffte erst das Meisterstü­ck, als langjährig­er Chef von E-Plus Vorstandsc­hef von Telefonica Deutschlan­d zu werden, nachdem diese E-Plus vor zwei Jahren übernommen hatte. Von da warb ihn wiederum die Lufthansa ab – nun soll er als Konzernvor­stand die Digitalisi­erung vorantreib­en und kümmert sich um den wichtigen Ableger Eurowings, der nahezu alle Tickets online verkauft.

Ebenso hatte Fritz Joussen einen exzellente­n „Marktwert“, als er im März 2012 ankündigte, seinen Posten als Chef von Vodafone Deutschlan­d freiwillig aufzugeben, nachdem es einige Reibereien mit der Konzernspi­tze in London gegeben hatte. Schon nach wenigen Wochen bot man ihm den Posten als Chef der Tui an, dem größten Tourismusk­onzern Europas, an. Dort läuft nun eine gigantisch­e Digitaloff­ensive inklusive E-Commerce und globaler Hotelverne­tzung.

 ?? FOTO: DPA ?? Jim Hagemann Snabe
FOTO: DPA Jim Hagemann Snabe

Newspapers in German

Newspapers from Germany