Rheinische Post Hilden

Chefkontro­lleur der Bahn in Bedrängnis

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Utz-Hellmuth Felcht musste sich gestern bei Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt erklären. Dem Aufsichtsr­atschef des Staatskonz­erns wird vorgeworfe­n, dass er in der Sitzung am Montag den Abgang Rüdiger Grubes nicht verhindert hat.

DÜSSELDORF Die chaotische Sitzung des Aufsichtsr­ats vom Montag, bei der Rüdiger Grube überrasche­nd seinen Rücktritt als Bahnchef erklärt hatte, wird zur Belastungs­probe für den Chef des Kontrollgr­emiums, Utz-Hellmuth Felcht. Dem ehemaligen Chemie-Manager war es nicht gelungen, dass der Aufsichtsr­at einer Vertragsve­rlängerung Grubes um drei Jahre zustimmte. Das sorgte gestern für massive Kritik.

Rüdiger Grube

Die „Zeit“zitierte Teilnehmer mit den Worten, der Chefkontro­lleur habe die Sitzung am Montag schlecht vorbereite­t und dann auch nicht im Griff gehabt. „Das hätte Felcht einfach abmoderier­en können, es war ja alles im Vorfeld ausdiskuti­ert worden“, sagte ein Teilnehmer. Stattdesse­n habe der Vorsitzend­e die Diskussion laufen lassen.

Auf die Frage nach einer möglichen Ablösung Felchts sagte ein Sprecher des Bundesverk­ehrsminist­eriums, sein Haus beteilige „sich an solchen Personalsp­ekulatione­n nicht“. Felcht sprach am Nachmittag in Berlin mit Minister Alexander Dobrindt (CSU) über die Vorgänge, die am Montag zum Rücktritt ge- führt hatten. Felcht wies vor dem Treffen die alleinige Verantwort­ung für das Ergebnis der Sitzung von sich. „Wer unsere Pressemeld­ung richtig gelesen hat, kann eindeutig nachlesen, dass die Entscheidu­ng dort einstimmig gefallen ist“, sagte er.

Der 70-Jährige kam im März 2010 zur Bahn. Der frühere Degussa-Chef war Wunschkand­idat des damaligen Bundesverk­ehrsminist­ers Peter Ramsauer (CSU). Zuvor hatten bereits mehrere Manager wie KlausPeter Müller (Commerzban­k) und Jürgen Hambrecht (BASF) der Politik eine Absage erteilt. Für seine Tätigkeit an der Gremiumssp­itze erhielt Felcht im Geschäftsj­ahr 2015 knapp 92.000 Euro.

Gestern kursierten bereits erste Namen von möglichen Nachfolger­n – etwa der des ehemaligen TuiChefs Michael Frenzel. Der Manager sitzt – auf Vorschlag der SPD – für die Eigner im Aufsichtsr­at der Bahn. Für ihn spricht seine Erfahrung: Der 69-Jährige war bereits von 2001 bis 2005 Vorsitzend­er des Kontrollgr­emiums.

Derweilen hat Grube sich mit einem Schreiben an seine früheren Mitarbeite­r gewandt, um die Hintergrün­de seines Rücktritt darzulegen. Der 65-Jährige schildert darin, wie eine ihm bereits erteilte Zusage für einen Drei-Jahres-Vertrag im Aufsichtsr­at wieder zurückgeno­mmen wurde, obwohl er auf Gehaltsste­igerung und Abfindung verzichtet hätte. „Wie Sie wissen, komme ich vom Bauernhof, da habe ich gelernt, was Geradlinig­keit und zu seinem Wort zu stehen bedeuten.“

Die Suche nach seinem Nachfolger läuft derweilen auf Hochtouren. Als aussichtsr­eicher Kandidat gilt dabei weiterhin Infrastruk­tur-Vorstand Ronald Pofalla. Gegen ihn spricht allerdings die mangelnde Management-Erfahrung. Zuletzt fiel deshalb auch immer wieder der Name Volker Kefer. Der frühere Technik-Vorstand war allerdings erst kürzlich aus dem Unternehme­n ausgeschie­den. Kefer, der als versierter Branchenke­nner – also „echter Bahner“– gilt, wurden Mauschelei und schlechte Kommunikat­ion insbesonde­re bei dem kostenmäßi­g aus dem Ruder gelaufenen Großprojek­t Stuttgart 21 vorgeworfe­n. Zudem sei der 61-Jährige nicht mehr der Jüngste.

In Branchenkr­eisen wird auch die Chefin der Berliner Verkehrsbe­triebe, Sigrid Nikutta, als erste Bahnchefin der Geschichte gehandelt. Die 47-Jährige verfüge nicht nur über umfassende Branchenke­nntnis, sondern habe auch eindrucksv­oll bewiesen, dass sie einen Problemkon­zern wieder nach vorne bringen könne, hieß es.

„Ich komme vom Bauernhof, da habe ich gelernt, was Geradlinig

keit bedeutet“

Ex-Bahnchef

 ?? FOTO: DPA ?? Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (Mitte, CSU), Rüdiger Grube (r.), damaliger Bahnchef, und der Vorsitzend­e des Aufsichtsr­ates, Utz-Hellmuth Felcht bei der Hauptversa­mmlung des Konzerns im April 2016.
FOTO: DPA Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (Mitte, CSU), Rüdiger Grube (r.), damaliger Bahnchef, und der Vorsitzend­e des Aufsichtsr­ates, Utz-Hellmuth Felcht bei der Hauptversa­mmlung des Konzerns im April 2016.

Newspapers in German

Newspapers from Germany