WM-Skandal: Neue Vorwürfe gegen Niersbach
FRANKFURT/MAIN (RP/sid) Wolfgang Niersbach sieht sich mit neuen Vorwürfen im Zusammenhang mit dem Skandal um die Vergabe der Fußball-WM 2006 nach Deutschland konfrontiert. Die „Süddeutsche Zeitung“(SZ) berichtet, dass der ehemalige DFB-Präsident schon vor dem 5. November 2015 von der Existenz des so genannten JackWarner-Vertrags gewusst hat.
Das von Franz Beckenbauer unterschriebene Schriftstück sicherte dem damaligen Präsidenten des Nord- und Mittelamerika-Verbandes Concacaf im Vorfeld der 2000 erfolgten WM-Vergabe Gesamtleistungen aus Deutschland im Gegenwert von zehn Millionen Mark (5,13 Millionen Euro) zu. Das Bestreiten dieser Kenntnis sei laut „SZ“auch der eigentliche Grund für Niersbachs Rücktritt am 9. November 2015 gewesen. Der inzwischen lebenslang gesperrte Warner gehörte zu den Schlüsselfiguren in verschiedenen Skandalen beim Weltverband Fifa.
Der „Spiegel“hatte am 16. Oktober 2015 über Millionenzahlungen im Zusammenhang mit der WMVergabe 2006 berichtet. Die „SZ“zitiert nun aus einer ihr vorliegenden E-Mail Niersbachs vom 17. Oktober, in der dieser auch eine Einschätzung zu den zehn Millionen Franken gibt, die der damalige AdidasChef Robert-Louis Dreyfus 2002 dem deutschen WM-OK vorstreckte. („Letztlich war es im Frühjahr 2002 (!!!) ein Privatdeal zwischen zwei mittlerweile verstorbenen Personen [Dreyfuß und BeckenbauerManager Robert Schwan, Anm. d. Red.] zugunsten der Fifa respektive des Präsidenten. Was ist, wenn diese Wahrheit herauskommt? Sollen wir forcieren, dass sie herauskommt?“). Zusätzlich schießt Niersbach noch gegen Ex-Verbandspräsident Theo Zwanziger, der Jahre zuvor Aufklärung angemahnt hatte: „Medial wäre hinter den Kulissen vielleicht noch was gegen Zwanziger zu lancieren. Irgendwelche Ideen?“
In einer weiteren E-Mail Niersbachs vom 20. Oktober, so die „SZ“, heißt es: „Selbst wenn die ganze Wahrheit und damit auch herauskommt, dass ich bei dem ganzen Vorgang allenfalls Mitwisser war, dass ich zudem verspätet informiert habe – es bleibt dann ja auch die politische Verantwortung.“
Niersbach weist die neuerlichen Vorwürfe zurück. „Ich versichere nochmals, dass ich das Warner-Papier erstmals bei der Befragung durch Freshfields gesehen habe, und dies war am 5. November“, sagte er. Als Folge seiner Sperre durch die Fifa-Ethikkommission ist der 66-Jährige Mitte Dezember 2015 aus dem Fifa-Council und dem Exekutivkomitee der europäischen Fußball-Verband (Uefa) zurückgetreten.
Für den ehemaligen DFB-Boss wird sein Nachfolger Reinhard Grindel am 5. April beim Uefa-Kongress in Helsinki in die Gremien gewählt.