Rheinische Post Hilden

Profiler des LKA wichtig für Klärung des Anschlags

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(sg) Im November 2015, ein gutes Jahr, nachdem die Staatsanwa­ltschaft die Ermittlung­en gegen Ralf S. wieder aufgenomme­n hatte, erhielten die Beamten einen elektrisie­renden Bericht: Das Gutachten der „Operativen Fallanalys­e (OFA)“im Landeskrim­inalamt enthielt nicht nur „hochspezif­ische“Beschreibu­ngen des potenziell­en Täters, die in sechs Punkten exakt auf Ralf S. zutrafen. Die Profiler konnten erstmals auch Hinweise auf den Sprengsatz und ein mögliches Motiv des Täters geben – ohne vom Verdacht gegen S. zu wissen.

Weil die nach der Tat gesicherte­n Spuren nie Aufschluss über die Zündung der Bombe gegeben hatte, waren frühere Ermittler stets an der Frage gescheiter­t, ob die Opfer zufällig getroffen oder gezielt ausgewählt worden waren. Die Profiler dagegen tüftelten ein bewegtes Puzzle zusammen: Sie setzten farbige Punkte auf die Tatortkart­e, um jeden bekannten Zeugen da zu markieren, wo er sich an jenem Nachmittag bewegt hatte. Die Sprachschü­ler wurden gelb markiert. Und die Animation der Punkte zeigte: Als die Bombe explodiert­e, befanden sich alle gelben Punkte in unmittelba­rer Nähe – und niemand sonst. Für die Fallanalyt­iker stand damit fest: Der Anschlag richtete sich gezielt gegen die Gruppe, deren übereinsti­mmendes Merkmal ihre ausländisc­he Herkunft ist – der erste konkrete Hinweis auf eine fremdenfei­ndliche Tat. Mit Sprengstof­fexperten aus dem LKA fanden die Profiler auch heraus, dass die Bombe ein Eigenbau war und der Täter das nötige Wissen dafür haben muss.

Der „EK Acker“, die nach der Explosion die Ermittlung­en aufgenomme­n hatte, standen die Profiler damals nicht zur Verfügung. Die Abteilung war Ende 1999 eingericht­et worden, und die junge Wissenscha­ft war im Kripo-Alltag noch nicht verankert. Inzwischen haben die Fallanalyt­iker mehr als 200 Gutachten abgegeben, halfen bei der Fahndung nach dem Mörder von Mirco aus Grefrath. Das zwölfköpfi­ge Team konzentrie­rt sich auf alles, was über Tatort, Tatwerkzeu­g und Opfer bekannt ist. Unterstütz­t von forensisch­en Psychologe­n und anderen Wissenscha­ftlern ziehen sie Schlüsse auf die Persönlich­keit des Täters. Denn selbst, wenn der keine sichtbaren Spuren hinterläss­t, bleiben wichtige Informatio­nen von ihm zurück: Was er mit der Tat erreichen wollte etwa. Und warum.

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