Rheinische Post Hilden

Sammy rettet Nashörner

- VON MICHAEL JUHRAN

In Südafrika leben 95 Prozent der etwa 22.000 afrikanisc­hen Nashörner. Deutsche Schäferhun­de sollen die Ausrottung der Tiere verhindern.

Es ist später Nachmittag im Amakhala Wildreserv­at, etwa 100 Kilometer nördlich der Eastern Cape Metropole Port Elizabeth. Guide Byron Sullivan ist mit einer Gruppe Urlauber in seinem Geländewag­en unterwegs. Die sich verabschie­dende Sonne wirft ein warmes Licht auf die grünen Berge und Hügel des einstigen Farmlandes, das seit 13 Jahren wieder der Natur überlassen ist. Vögel eilen zwitschern­d von Zweig zu Zweig, sonst ist nur das Bellen der Schakale zu vernehmen.

Plötzlich stieben Warzenschw­eine aufgeregt davon. Ein kräftiger Elefantenb­ulle bricht aus dem Gebüsch hervor, gefolgt von einer ganzen Familie, die emsig damit beschäftig­t ist, mit ihren Rüsseln besonders zarte Triebe von den Zweigen der Büsche zu pflücken. Wenige Meter entfernt laben sich Büffel an einem Wasserloch, und ein Löwenpaar genießt mit zwei Jungen die letzten Sonnenstra­hlen. Dann tauchen vier Nashörner am Horizont auf, die sich langsam den fasziniert­en Besuchern nähern. Wohl niemand aus der Gruppe hätte erwartet, gleich bei der ersten Pirsch auf vier Vertreter der sogenannte­n Big Five Afrikas zu treffen.

Doch die Freude über diese Idylle ist nicht ungetrübt. „Leider verzeichne­n wir am Eastern Cape seit geraumer Zeit eine deutliche Zunahme der Wilderei, wovon besonders die Nashörner betroffen sind“, berichtet Brent Cook, Eigentümer der HillsNek Lodge im Tierreserv­at. „Die Zahl der getöteten Nashörner nahm in Südafrika von 13 im Jahr 2005 auf 1215 im Jahr 2014 rasant zu. Wenn wir den Wilderern und Händlern nicht Einhalt gebieten, wird es in zehn Jahren keine freilebend­en Nashörner mehr geben.“Nachdem die gepanzerte­n Giganten in den 70er und 80er Jahren schon einmal kurz vor der Ausrottung standen, hatte Brent den Entschluss gefasst, etwas dagegen zu unternehme­n.

Vor 13 Jahren gründete er mit drei Gleichgesi­nnten das Amakhala Wildreserv­at und konnte vier Nashörner für die Zucht erwerben. Sieben Jahre später ereilte ihn ein herber Rückschlag. Brent zeigt das Foto eines prächtigen Nashornbul­len: „Das ist Chippy. Mit ihm fing alles an, bis er 2010 gemeinsam mit einem weiteren Bullen von gewissenlo­sen Wilderern abgeschlac­htet wurde.“Brent ist sich sicher, dass die Tiere Opfer eines internatio­nalen Verbrecher­kartells geworden sind. „Für ein etwa zehn Kilogramm schweres Horn zahlen Händler in Südostasie­n bis zu 700.000 Dollar. Das Horn ist dort mehr wert als das Tier und die wachsende Kaufkraft der Bevölkerun­g in diesen Ländern, in denen noch immer der Aberglaube an magische Heilkräfte des Hornpulver­s verbreitet ist, hat fatale Folgen.“95 Prozent der etwa 22.000 Nashörner Afrikas leben in Südafrika und täglich werden es drei bis vier weniger.

2011 rief Brent die „Chipembere Rhino Stiftung“zur Rettung der Tiere ins Leben. Auf Einladung der Stiftung machten sich kürzlich vietnamesi­sche Studenten vor Ort ein Bild über die Situation und kehrten als „Rhino-Botschafte­r“in ihre Heimat zurück. Ein Schulungsz­entrum ist dem Artenschut­z gewidmet. Spenden von Urlaubern und Tierfreund­en ermögliche­n es, die Nashörner mit Sendern auszustatt­en und rund um die Uhr zu beobachten.

Seit zwei Jahren gehört Sammy, ein deutscher Schäferhun­d, zu den aktivsten Helfern. Sammy hat ein fünfmonati­ges Spezialtra­ining absolviert, um Wilderer aufzuspüre­n, die sich meist zu Fuß in der Dunkelheit in die Reservate einschleic­hen, um verdeckt im dichten Gebüsch die Standorte der Nashörner auskundsch­aften und dann blitzschne­ll zuschlagen.

Rastlos ist Sammy zu Tagund Nachtzeit mit einem Hundeführe­r unterwegs, um seine gepanzerte­n Freunde zu schützen. Seit Beginn seiner Arbeit im „Anti-PoachingTe­am“sind die Angriffe auf Nashörner im Reservat stark zurückgega­ngen. Besonders in Vollmondnä­chten ist seine Aufmerksam­keit gefordert. Bei hellem Mondlicht schlagen die Wilderer gern zu, weil sie dann auf den Einsatz von Taschenlam­pen verzichten können. Am Morgen nach der Vollmondna­cht breitet sich Erleichter­ung aus: Das Amakhala-Reservat wurde nicht von Wilderern heimgesuch­t. Die Redaktion wurde von der Eastern Cape Parks and Tourism Agency zu der Reise eingeladen.

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FOTOS (2): MICHAEL JUHRAN Wie lange werden wir sie noch in freier Wildbahn bewundern können? Die Nashörner Südafrikas werden wegen ihres Horns von Wilderern abgeschlac­htet.

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