Rheinische Post Hilden

Gewerkscha­ft greift Rot-Grün an

- VON THOMAS REISENER

Das Beharren der Landesregi­erung auf dem neuen Dienstrech­t sei „Rechthaber­ei“.

DÜSSELDORF Im Streit um das neue Dienstrech­t geht die Deutsche Steuer-Gewerkscha­ft (DSTG) auf Konfrontat­ionskurs zur NRW-Regierung. „Nach Auffassung der DSTG betreibt die Landesregi­erung in dieser Frage Rechthaber­ei auf dem Rücken der Beschäftig­ten“, schreibt Landeschef Manfred Lehmann in einem Brief an die Mitglieder. Rund 300 Betroffene allein in der NRW-Finanzverw­altung müssen nach DSTG-Schätzung mit je rund 350 Euro brutto im Monat „für die Unbeweglic­hkeit von Teilen der Landesregi­erung bezahlen“, so Lehmann. Zuvor hatte auch der Deutsche Beamtenbun­d die Regierung aufgeforde­rt, den Rechtsstre­it um das neue Dienstrech­t aufzugeben.

Dieses schreibt seit Juli vor, dass Frauen selbst bei schlechter­er Qualifikat­ion bevorzugt befördert werden müssen. Verschiede­ne Gerichte sehen darin den Grundsatz der Bestenausl­ese verletzt und erklären das rot-grüne Gesetz für verfassung­swidrig – zuletzt in dieser Woche das Oberverwal­tungsgeric­ht Münster. Ergebnis ist, dass strittige Beförderun­gen in der NRW-Landesverw­altung nun gar nicht mehr vorgenomme­n werden können, weil sich Rechtslage und Dienstrech­t widersprec­hen. Der faktische Beförderun­gsstopp in großen Teilen des Landesdien­stes erklärt den wachsenden Unmut der Gewerkscha­ften, die sonst traditione­ll ein eher gutes Verhältnis zumindest zum sozialdemo­kratischen Teil der Landesregi­erung pflegen.

NRW-Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD) hat angekündig­t, das Landesverf­assungsger­icht anzurufen. Daraus ergibt sich eine skurrile Gefechtsla­ge im Landtag: Die FDP fordert den Gang nach Münster schon seit Monaten, fand dafür im Parlament aber nicht genug Unterstütz­er. Damit ist ausgerechn­et die CDU die einzige relevante Partei im Landtag, die weiterhin gegen eine Verfassung­sklage ist – obwohl auch die Union das Dienstrech­t für verfassung­swidrig hält. Sie sperrt sich aber, weil sie eine zu lange Prozessdau­er befürchtet. Das wird aus Sicht der FDP dazu führen, dass vor dem Verfassung­sgericht ausschließ­lich die Position der klagenden rot-grünen Landtagsme­hrheit vorgetrage­n werden kann, während die Position der Opposition ungehört bleibt.

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