Rheinische Post Hilden

Leverkusen­er Wundertüte wider Willen

- VON DORIAN AUDERSCH

Nach dem 0:2 gegen Mainz herrscht einmal mehr Ratlosigke­it bei Bayer. Sportchef Rudi Völler ist genervt.

LEVERKUSEN Als kurz nach dem Abfiff im Gästeblock der BayArena die Party der Mainzer Fans im vollen Gange war, trat Leverkusen­s Sportchef Rudi Völler vor die Mikrofone, um nach den Gründen für die 0:2Niederlag­e im eigenen Stadion zu suchen. Karneval war im Derby der jecken Städte mitten im Fasteloven­d nicht das einzige K-Wort, das die Runde machte. Einmal mehr fiel ein bestimmter Begriff bei den inzwischen hilflos wirkenden Versuchen, den sinuskurve­nartigen Saisonverl­auf der Werkself zu erklären: Konstanz. Die fehle dem Team von Roger Schmidt in dieser Saison, konstatier­te Völler leicht genervt: „Ich weiß, dass das in dieser Saison inzwischen ein beliebtes Wort hier ist.“Die Hochs und Tiefs seien „nicht zu glauben.“

Verdient sei die Niederlage nach den beiden „billigen Gegentoren“allemal gewesen. Dem 0:1 von Ste- fan Bell, der den Ball nach einer (unberechti­gten) Ecke mit der linken Schulter über die Linie drückte (3.), folgte schnell das 0:2 durch den ExLeverkus­ener Levin Öztunali (11.). Die folgenden rund 80 Minuten lassen sich in einer simplen Formel zusammenfa­ssen: Bayer 04 wollte, aber konnte nicht. Vor allem in der zweiten Halbzeit gelang der Werkself in der Offensive so gut wie nichts mehr. „Das war zu dünn“, sagte Völler. Die Pfiffe und Schmähgesä­nge der eigenen Fans könne er angesichts der schwachen Leistung verstehen. „Es tut natürlich weh.“

Das ist untertrieb­en. Der 1. FC Köln, einer der Konkurrent­en im Rennen um die Europacup-Plätze, verlor in Leipzig – und Frankfurt, ebenfalls vor der Werkself platziert, verlor in Berlin. Der dritte Dreier in Folge in der Liga wäre also eminent wichtig gewesen, um die oft angekündig­te Aufholjagd ins obere Tabellendr­ittel zu mehr als einer Ankündigun­g zu machen. Nach sechs Partien 2017 ist hingegen klar: Die Mannschaft tritt in der Liga auf der Stelle – drei Siege, drei Niederlage­n. Hinzu kommt das 2:4 am Dienstag im Achtelfina­le der ChampionsL­eague gegen Atlético Madrid. „Wir sind im Moment ein bisschen eine Wundertüte“, brachte es Völler auf den Punkt und fügte hinzu: „leider“.

Anstatt den Trainer zu kritisiere­n, nahm der Sportchef die Spieler in die Pflicht. „Da müssen jetzt einige in den kommenden Tagen mal in den Spiegel schauen. Immer nur abledern oder dankbar sein, wenn der Trainer attackiert wird, ist zu wenig.“Er erwarte am kommenden Wochenende in Dortmund eine entspreche­nde Reaktion. Hoffnung macht dabei das Hinspiel: Mit einem überzeugen­den 2:0 schlug Bayer 04 den BVB.

Roger Schmidt übte ebenfalls Kritik an seiner Mannschaft. Der Sieg sei verdient für die Mainzer. „Sie waren bereit von der ersten Sekunde – und wir nicht“, sagte der Trainer. Demnach fehlte neben der schlampige­n Verteidigu­ng in der Anfangspha­se vor allem die „spielerisc­he Leichtigke­it“, um Durchschla­gskraft im Spiel nach vorne zu entwickeln.

Dennoch würde er seiner Mannschaft nie den Willen absprechen. „Die Basis für alles im Fußball ist es, die Aufgaben, die zu erledigen sind, geschlosse­n umzusetzen – und sie mit Leben zu füllen.“Genau das habe er neben der Bissigkeit in den Zweikämpfe­n vermisst. Sein Team könne hervorrage­nden Fußball spielen, aber es falle schwer, das kontinuier­lich abzurufen. „Da ist jeder Spieler gefordert, in die Verantwort­ung zu gehen.“Das Schicksal eines Trainers sei, dass seine Arbeit nie wirklich beendet sei, betonte Schmidt.

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