Rheinische Post Hilden

Norika Nienstedt macht aus gefundenen Sachen Kunst

- VON ALEXANDRA WEHRMANN

Norika Nienstedt gehört nicht zu jenen Menschen, die etwas wegwerfen können. Sie ist Behalterin. Das merkt man beim Betreten ihres Wohnatelie­rs. Man weiß nicht, wo man zuerst hinschauen soll. Und bleibt an den Puschen der Künstlerin hängen. Feuerrot mit Pompoms.

In ihrem Raum in Flingern, mitten in diesem unüberscha­ubaren Sammelsuri­um der 1001 Dinge, hat die 65-Jährige das Material gefunden, mit dem sie momentan bevorzugt arbeitet. Kalligraph­ie-Tusche der Firma Mutschler. 40 Jahre, schätzt Nienstedt, muss die in der Schublade gelegen haben. Die Künstlerin brachte die als schwarz deklariert­e Tusche auf Bambuspapi­er auf und befeuchtet­e das Papier. Der Effekt: die Tusche begann auszufaser­n. Das Ergebnis sieht auf den ersten Blick aus wie ein Aquarell in Lila-, Rosa- und Blautönen. Welche Formen bei dem Prozess entstehen, kann man nur bis zu einem gewissen Grad beeinfluss­en. „Der Zufall macht die Hälfte“, sagt Nienstedt.

Das Scheitern müsse man einkalkuli­eren. Rund 50 Prozent der Ar- beiten gelingen nicht. Wenn es aber klappt, geht alles sehr schnell. Die Tusche muss ja flüssig verarbeite­t werden. Rund 100 Arbeiten sind so seit 2014 entstanden. Ein Teil hängt an der Wand von Nienstedts Atelier. Andere stapeln sich auf Regalen. Auffällig viele Frauenfigu­ren sind dabei. Manche hat die Künstlerin in Bewegung festgehalt­en, wie Tänzerinne­n. Andere tragen opulente Hüte wie Diven aus der Zeit des Fin de Siecle. Einige haben die Augen geschlosse­n. Manchmal klebt Nienstedt Elemente aus Zeitschrif­ten in die Arbeiten ein. Augen. Oder einen Kakadu. Einer der Damen hat sie sogar einen Echsenkopf verpasst.

Nienstedts Arbeiten pendeln zwischen unheimlich, märchenhaf­t und melancholi­sch. Das war schon bei den Collagen so, die vor den Tuschen im Zentrum ihres künstleris­chen Schaffens standen. Und bei den Stofftier-Porträts auch.

Die Vorlagen für ihre Werke findet die Düsseldorf­erin mittlerwei­le überwiegen­d im Internet. Lange hat sie sich dem Digitalen verweigert, hatte keinen Rechner, keinen Internetzu­gang. Mittlerwei­le nutzt sie ein altes Laptop ihrer Schwester. Auf

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FOTO: PRIVAT Arbeit aus Kalligraph­ie-Tusche von Norika Nienstedt.

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