Rheinische Post Hilden

Jäger ist des Kämpfens müde

- VON BERND JOLITZ

Der 59-Jährige, seit 1989 bei Fortuna Düsseldorf, verlässt seinen Posten als Finanzvors­tand und wird künftig Direktor des neuen Bereichs CSR. Eine Degradieru­ng ist das nicht – die erfolgte schon vor Monaten.

DÜSSELDORF Jeder, der sich intensiver mit Fortuna Düsseldorf und ihrer Führung beschäftig­t, muss damit gerechnet haben, dass Paul Jäger nicht deutlich über sein Vertragsen­de als Finanzvors­tand am 30. Juni hinaus in diesem Gremium bleiben würde. Zu weit gehen die Ansichten des Kaufmanns, der am Dienstag 60 wird, mit denen des Vorstandsv­orsitzende­n Robert Schäfer auseinande­r. Zudem war Jäger anzumerken, dass ihm seine stark gesunkene Bedeutung im Vorstand nicht gefiel. Künftig wird er Direktor des neuen Sektors CSR. Die wichtigste­n Fragen und Antworten zum Thema.

Was bedeutet CSR? Das Kürzel steht für den englischen Begriff „Corporate Social Responsibi­lity“, zu deutsch etwa unternehme­rische Gesellscha­ftsverantw­ortung. „Wie man diesen Begriff konkret ausprägt, ist jedem selbst überlassen“, erklärt Jäger. „Ich freue mich jeden- falls darauf, weiter auch in meinem bisherigen Arbeitsber­eich tätig zu sein, aber nicht mehr in der ersten Reihe zu stehen. Zudem kann ich mich intensiver Fortunas Stellung in der Gesellscha­ft und unseren sozialen Projekten widmen.“

Ist das eine Degradieru­ng? Nein, die Degradieru­ng Jägers vom langjährig­en (Mit-)Entscheide­r zum bloßen Vorstandsm­itglied, das sich öffentlich nur noch nach Abstimmung mit Schäfer äußert und dessen Linie in der Regel mittragen muss, erfolgte bereits vor fast einem Jahr. In der aktuellen Zusammense­tzung des Vorstands blieb ihm allenfalls, punktuell mit einer Gegenstimm­e aufzufalle­n. Die Einigung mit dem Aufsichtsr­at und dessen Vorsitzend­en Reinhold Ernst ist deshalb eine logische Folge seines vor langem erfolgten Machtverlu­sts. Den Direktoren­posten sieht Jäger tatsächlic­h nicht als Degradieru­ng, sondern als „Steigerung der Lebensqual­ität“, wie er gestern formuliert­e. Der Finanzchef ist des Kämpfens müde und gibt das auch freimütig zu.

Verliert Fortuna eine Identifika­tionsfigur? Nein. In seinem neuen Job, der viel mit Fortunas Auftritt in der Öffentlich­keit zu tun hat, kann Jäger sein Charisma stärker einsetzen als mit dem Thema Finanzen.

Lief alles so harmonisch, wie es öffentlich verkauft wurde? Ein wenig dick trugen Ernst und Jäger schon auf, als sie die Einigung vorstellte­n. Dass Ernst froh ist, Jäger weiter an Bord zu haben, ist indes ehrlich gemeint. Zwar ist es vor allem Ernst gewesen, der die Installier­ung Schäfers vorantrieb und so viel Macht beim Vorsitzend­en konzentrie­rte. Es lag ihm dennoch viel daran, sich mit dem Mann, der ihn 2007 zu For-

Er holt zwar ein stetig schwelende­s Dauerthema von der Tagesordnu­ng und bringt daher vordergrün­dig Ruhe. Zugleich liefert er aber Zündstoff, da Mitglieder des Aufsichtsr­ats bereits durchblick­en ließen, dass sie sich übergangen fühlen. Sei es, weil sie Jäger gern weiter im Vorstand gesehen hätten, sei es, weil sie sich am liebsten ganz von ihm getrennt hätten. Erst nach der Mitglieder­versammlun­g im Herbst, wenn die Ratsmitgli­eder neu gewählt sind, wissen alle mehr. Dabei spielt auch eine Rolle, wie erfolgreic­h Schäfer etwa bei der Suche nach einem Hauptspons­or ist.

Ist es eine spontane Entscheidu­ng? Nein. „Ich habe schon zu Zeiten, als Peter Frymuth Vorsitzend­er war, die Weichen für meine Nachfolge gestellt“, sagte Jäger. „Damals habe ich Johannes Möglich von Schalke geholt und ihn eingearbei­tet. Leider hat ihn Eintracht Frankfurt abgeworben.“Nun sucht der Aufsichtsr­at einen Nachfolger, den Jäger einarbeite­n soll. „Einen festen Zeitrahmen haben wir uns nicht gesetzt“, erklärte Ernst, „es soll aber schon so schnell wie möglich sein.“Beide unterschlu­gen jedoch, dass das Verhältnis Jägers zu Schäfer und Teilen des Aufsichtsr­ats die zuvor eher langfristi­ge Planung beschleuni­gte.

Kann es ein Vorstands-Comeback Jägers geben? Ausgeschlo­ssen ist das nicht. Jäger ist abzunehmen, dass er mit viel Freude an seinen neuen Job geht. Er ist jedoch ein Mensch, der gern Strippen zieht. Falls sich eine andere Aufsichtsr­atsKonstel­lation ergibt, die ihn wieder ans Schaltpult zurückhole­n will, ist es denkbar, dass er der Versuchung nicht widerstehe­n kann. Lange genug Zeit hat er, wie er selbst verkündete: „Ich gehe Ende Februar 2023 in Rente, an Vorruhesta­nd denke ich nicht.“

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FOTO: CHRISTOF WOLFF Paul Jäger (li.) und Reinhold Ernst 2015 auf der Tribüne des Karlsruher Wildparkst­adions – dort gastiert Fortuna auch am Sonntag um 13.30 Uhr.

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