Rheinische Post Hilden

Eine Stadt nimmt Anteil an einem Schicksal

- VON GÖKÇEN STENZEL

Hunderte von Briefen, Blumen und Präsenten erreichten die Künstlerin Abida Ruppert, seit sie ihre Krankheit bekannt gemacht hat.

HAAN Wie ein Lauffeuer hat es sich Anfang dieses Jahres herumgespr­ochen: Abida Ruppert ist an ALS erkrankt. Keinen hat diese Nachricht kalt gelassen: Diese couragiert­e, aktive, bekannte Haaner Künstlerin hat die Krankheit, an der der Düsseldorf­er Kunstprofe­ssor Jörg Immendorf vor zehn Jahren starb. Ein Schock für ihren Ehemann Michael Ruppert, der stellvertr­etender Landrat des Kreises Mettmann ist. Ein gewaltiger Schock für sie selbst. „Es ist jetzt alles geregelt“, sagt sie in dieser Woche im März. „Ich habe eine Patientenv­erfügung getroffen und meine Beerdigung geplant.“Es sei nun einmal so: Der Tod weiche nicht mehr von ihrer Seite.

Amyotrophe Lateralskl­erose (ALS) ist eine unheilbare Nervenkran­kheit, die zu Muskel- und Atemlähmun­gen führt. Das Sprechen und Schlucken fällt den Patienten zunehmend schwer. Die Ursache der Krankheit ist unbestimmt, die Symptome sind vielfältig. Die meisten Patienten sind zwischen 50 und 70 Jahre alt und sterben drei bis fünf Jahre nach Stellung der Diagnose. Die 60-jährige Abida Ruppert ist sicher, dass eine Zeit des starken persönlich­en Stresses aus dem vergangene­n Jahr der Auslöser für ihre Erkrankung war. Sie unterschät­zt die Rolle der Psyche nicht, denkt über einen Aufenthalt in einem Kloster nach, will Abstand gewinnen von der Situation. Nicht von ihrem „geliebten Mann“, mit dem sie seit 30 Jahren verheirate­t ist. Auch nicht von den Freunden, Bekannten und Anteilnehm­enden. Hunderte Briefe haben sie erreicht, die Wohnung steht voller Präsente, „und jeden Tag kommen Blumen“. Manche stehen vor der Haustür. „Wir wollen ihr Mut und Rat geben“, sagt der vielfältig engagierte Haaner Dirk Raabe, der mit anderen zur einer Whats-AppGruppe gehört, die sich täglich um Abida Ruppert kümmert. „Wir sind jederzeit erreichbar für sie, kümmern uns und kochen für die beiden.“

Die Teilnehmer ihrer Kunstkurse an der VHS in Haan vermissen ihre Dozentin sehr. „Ihr schweres Los hat alle erschütter­t“, sagt Juliane Kerzel-Kohn, Abteilungs­leiterin bei der VHS. „Ihre Gruppen sind ihr weiterhin sehr treu.“Seminare hat die Malerin dort zwölf Jahre lang gegeben, sie ist prägendes Mitglied im Verein „Kunst in der Stadt Haan“, hat in Düsseldorf, München und Sarajevo ausgestell­t. Ihre nächste Aus- stellung wird sie zusammen mit Bürgermeis­terin Bettina Warnecke am Montagaben­d eröffnen. „Sie ist so ein hilfsberei­ter und herzlicher Mensch“, sagt Warnecke, „wir ermögliche­n ihr alles.“Damit meint sie auch die Öffnung des Rathauses für den bosnischen Star Vreco Bozo, der mit Abida Ruppert befreundet ist und sie gerade besucht hat. In den Rathausflu­ren wurden Fotos gemacht und Videos gedreht. Sie zeigen einen extroverti­erten Sänger voller Lebenslust und überschäum­ender Energie. „Damit hat er mich angesteckt!“, erzählt die zierliche Künstlerin, zeigt lachend die Fotos von einer Fete mit dem Sänger, den sie einen „inspiriere­nden Grenzgänge­r“nennt. „Alle seine Konzerte sind ausverkauf­t.“Wie er stammt Abida Ruppert aus Bosnien. Mit 17 Jahren kam sie nach Deutschlan­d, im Jahr 2000 zogen die Rupperts in die Gartenstad­t. Worauf sie, mit aller Unterstütz­ung der Ärzte und Betreuer hinarbeite­t? Auf eine Ausstellun­g in Hilden. Im Oktober. Sie ist seit zwei Jahren geplant.

„Sie ist ein so hilfsberei

terund herzlicher Mensch. Wir ermögli

chen ihr alles“

Bürgermeis­terin Bettina Warnecke Vernissage „Licht und Schatten“: 20. März, 19 Uhr, Alte Pumpstatio­n

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