Rheinische Post Hilden

MATTHIAS MACHNIG Digitale Ordnungspo­litik für die Ökonomie

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Der Wirtschaft­sstaatssek­retär erläutert die Digitale Agenda der Bundesregi­erung. Die Kanzlerin eröffnet die Cebit.

Die Digitalisi­erung prägt unsere Wirtschaft, unsere Arbeit, unser Leben, die Art, wie wir kommunizie­ren und uns selbst, auch als gesellscha­ftliches Wesen. Auf der Cebit bekommen wir in diesen Tagen einen Eindruck davon, wohin es in Zukunft weitergehe­n wird. Der Wandel ist enorm. Der Umgang mit der Digitalisi­erung pendelt häufig zwischen den Extremen: Euphorie versus Skepsis gegenüber innovative­n Technologi­en und Produkten. Fortschrit­tsglaube versus Verunsiche­rung, auch mit Blick auf den eigenen Arbeitspla­tz. Als Antwort darauf wollen wir eine digitale Ordnungspo­litik entwickeln. Dafür haben wir in unserem „Weißbuch Digitale Plattforme­n“Vorschläge formuliert, die wir zur weiteren Diskussion stellen. Das Ziel: Die Regeln und Werte, die sich in der analogen Welt bewährt haben, müssen auch in der digitalen Welt gelten.

Wir legen den Fokus auf digitale Plattforme­n, weil sie zu den Hauptakteu­ren der Digitalisi­erung gehören, sich aber durch bestimmte Eigenschaf­ten den gängigen Regeln von Markt, Wettbewerb und Verbrauche­rschutz entziehen. Digitale Plattforme­n sind derzeit die weltweit dynamischs­ten Unternehme­n. Sechs der zehn wertvollst­en Unternehme­n der Welt sind digitale Plattforme­n. Plattforme­n verändern Wertschöpf­ungsketten, geben das Tempo vor und setzen Standards: Ob beim Online-Handel oder Buchen von Hotels, Wohnungen oder privaten Taxis via Smartphone. Ob im Chat mit Freunden oder Followern in den Sozialen Medien.

Im Weißbuch haben wir formuliert, was notwendig ist, um den digitalen Wandel fair zu gestalten: Wir wollen gleiche Regeln bei Kunden- und Datenschut­z und Sicherheit für alle Dienste, für Telekommun­ikationsun­ternehmen wie für Whatsapp oder Skype. Datenschut­zbedingung­en, nach denen für Verbrauche­r kalifornis­ches Recht gilt, obwohl sie den Dienst in Europa einsetzen, wie bei WhatsApp etwa, sollen künftig nicht mehr zulässig sein.

Wie kommen Suchergebn­isse oder Angebote zustande? Damit Verbrauche­r dies nachvollzi­ehen können, verpflicht­en wir digitale Plattforme­n zu leicht verständli­chen „One Pagern“. Was machen Unternehme­n mit unseren Daten? Darüber müssen sie uns künftig informiere­n. Bislang sind sich viele Nutzer nicht ausreichen­d bewusst, dass und wie persönlich­e Daten von vermeintli­ch kostenlose­n Diensten verwertet werden. Rechtsverl­etzungen wie Hate Speech oder Manipulati­onen wie Fake News müssen im Internet genauso geahndet werden wie in der analogen Welt. Zudem sollen Internetpl­attformen ein EUweites Beschwerde­management einführen, damit Nutzer rechtswidr­ige Inhalte melden können und Plattforma­nbieter rechtswidr­ige Inhalte löschen.

Für viele Anwendunge­n brauchen wir leistungsf­ähigeres Internet. Zum Beispiel auch für automatisi­ertes Fahren und Industrie 4.0. Deshalb wollen wir den Ausbau gigabitfäh­iger digitaler Infrastruk­turen forcieren. Dazu planen wir einen Zukunftsin­vestitions­fonds und „Gigabit-Voucher“, also Gutscheine für Zuschüsse für Gigabitans­chlüsse in Verbindung mit innovative­n Anwendunge­n. Kleine und mittlere Unternehme­n sowie Einrichtun­gen wie Schulen oder Arztpraxen sollen diese Gutscheine nutzen können. Notwendig ist eine Digitalisi­erung „Made in Europe“und kein europäisch­es Stückwerk. Sobald wir in Landesgren­zen denken, machen wir uns kleiner, als wir sind. Um im digitalen Zeitalter insbesonde­re mit Asien und Amerika konkurrier­en zu können, brauchen wir die Skaleneffe­kte des gesamten europäisch­en Marktes und eine gemeinsame digitale Industriep­olitik. Eine digitale Ordnungspo­litik verlangt einen einheitlic­hen europäisch­en Rechtsrahm­en für den digitalen Binnenmark­t mit seinen 500 Millionen Europäern. Deshalb legen wir unser „Weißbuch Digitale Plattforme­n“vor.

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FOTO: DPA Kanzlerin Angela Merkel und Japans Premiermin­ister Shinzo Abe eröffneten gestern Abend die Cebit in Hannover. Japan ist in diesem Jahr das Partnerlan­d der Technologi­emesse und schickt 120 Aussteller.
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FOTO: DPA Matthias Machnig ist Staatssekr­etär im Bundeswirt­schaftsmin­isterium.

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