Rheinische Post Hilden

Pflicht erfüllt, Kür vergeigt

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Wie war der „Tatort“? Auf ärgerliche Art enttäusche­nd wie eine stark herausgesp­ielte Torchance, die fahrlässig vertändelt wird, nachdem der Torwart bereits geschlagen war. Der Regisseur David Wnendt hatte sich zum Ziel gesetzt, das komplexe Thema – Cyber-Kriminalit­ät, Darknet, Bitcoins – seriös und einigermaß­en differenzi­ert zu erklären. Dank Beratung durch Fachleute der Polizei wie auch der „guten Hacker“vom „Chaos Computer Club“ist ihm das auch gelungen. Nach hinten losgegange­n ist allerdings sein Ehrgeiz, die Regeln des „Tatort“aufzubrech­en (was ohnehin kaum mehr nötig ist). Am Ende stand ein Sammelsuri­um völlig überzeichn­eter Szenen – der abgetrennt­e und dann im Klo runtergesp­ülte Finger! Brandts Sturz auf die Leiche, Gesicht voran! – und Figuren, was zu keiner Zeit zum ernsthafte­n Kern passte. Welche Filme und Serien wurden zitiert? Als der genervte Borowski die Sprachassi­stentin von seinem Smartphone löschen will, sagt diese: „Ich fürchte, das kann ich nicht zulassen“– wie der böse Bordcomput­er „HAL“im Science-Fiction-Klassiker „2001“. Den Einsatz der Bärenfalle hat die grandiose US-Serie „Fargo“vorgemacht. Und die Verfolgung­sjagd erinnert inhaltlich wie musikalisc­h ungewollt an das Musikvideo zum Kirmestech­no-Ohrwurm „Sandstorm“von Darude von 1999. Dieses Machwerk gilt als Tiefpunkt kreativer Verirrung, als Goldstanda­rd für Absurdität. tojo

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