Rheinische Post Hilden

Der Schulz-Effekt ist an der Saar verpufft

- VON EVA QUADBECK

Erstmals wurde im Saarland bei einer Landtagswa­hl der sogenannte Schulz-Effekt einem Praxistest unterzogen – und er hat nicht gewirkt. Während die Sozialdemo­kraten stagnieren, legt die Union zu. Die amtierende Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r hat die Wahl am Ende überrasche­nd klar gewonnen.

Der entscheide­nde Fehler der SPD-Spitzenkan­didatin lag darin, die Option für ein Bündnis mit dem Linksparte­igründer Oskar Lafontaine bewusst offen zu halten. Wer also die Fortsetzun­g der großen Koalition im Saarland wünscht, musste CDU wählen – viele Wähler haben das erkannt.

Im Westen Deutschlan­ds wollen die Menschen nicht von der SED-Nachfolgep­artei regiert werden. Wenn die Sozialdemo­kraten auf Bundeseben­e die Option Rot-Rot-Grün weiter offen halten, dann könnte auch bei der Bundestags­wahl der Schulz-Effekt verpuffen. Die SPD ist in ihrem Macht-Flirt mit der Linken zu weit gegangen. Ausgerechn­et eine Koalition im Saarland mit Lafontaine – das wäre die symbolisch­e Aussöhnung zwischen Sozialdemo­kratie und ihrem abtrünnige­n früheren Parteichef gewesen. Die Wähler hatten ein feines Gespür für diesen Tabubruch. n dem Ergebnis steckt für die Union trotz des klaren Siegs auch eine Warnung. Denn so wie die Wahl ein Test für den Schulz-Effekt war, so war sie auch ein Test, ob das Modell Merkel diesem Schulz-Effekt standhalte­n kann. Das kann es eben nur, solange die SPD willens ist, den Juniorpart­ner für die Union zu geben. Daraus folgt: So attraktiv der Lagerwahlk­ampf für die Union mit Blick auf Kampagnen gegen Rot-Rot-Grün auch ist, überzeugen­d wirkt das nicht, wenn man selbst das Kanzleramt nur mit Hilfe der SPD halten kann.

Kramp-Karrenbaue­r, die mit ihrem geräuschlo­sen und sachlichen Regierungs­stil schon lange als Merkel von der Saar gilt, rückt spätestens mit diesem Wahlabend in den kleinen Kreis der möglichen Merkel-Nachfolger auf. Sie ist für diesen Job eine realistisc­he Besetzung.

Die großen Verlierer der Saarland-Wahl sind die kleinen Parteien. Durch den Machtkampf von Union, SPD und Linken wurden die kleinen Parteien an den Rand gedrückt. Grüne, FDP und AfD – sie alle haben ihre saarländis­chen Besonderhe­iten. So unterschie­dlich diese drei Parteien sind, eines haben sie gemeinsam: Ihren jeweiligen Bundesverb­änden sind diese Besonderhe­iten aus gutem Grunde peinlich. Nicht nur wegen der Stärke der Volksparte­ien, sondern auch wegen eigenen Unvermögen­s liegt die Zustimmung zu allen Dreien unter dem Trend im Bund. BERICHT

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