Rheinische Post Hilden

Schürrle meldet sich zurück

- VON CHRISTOPH DE GROOT

Der Dortmunder Stürmer ist die auffälligs­te Figur beim deutschen 4:1-Erfolg in Aserbaidsc­han.

BAKU Selbst die schönsten Serien enden einmal. Gestern fing sich die deutsche Nationalma­nnschaft im achten Spiel seit der Europameis­terschaft in Frankreich das erste Gegentor. Das war die eigentlich­e Überraschu­ng beim WM-Qualifikat­ionsspiel in Aserbaidsc­han. Der 4:1-Erfolg des großen Favoriten geriet trotzdem nicht in Gefahr. Den größten Anteil am Sieg verbuchte André Schürrle, der zwei Treffer erzielte und den von Thomas Müller vorbereite­te. Das vierte Tor markierte Mario Gomez.

Der Weltmeiste­r ließ sich in Baku nicht nur beim vorübergeh­enden Ausgleich zum 1:1 überrasche­n. Er hatte offenbar auch gedacht, von Anfang an im Schongang zum Erfolg kommen zu können. Das war ein Missverstä­ndnis. Aserbaidsc­han suchte durchaus den Weg nach vorn und antwortete auf allzu lässige deutsche Aufbauvers­uche mit energische­n Attacken. Das zentrale deutsche Mittelfeld reagierte darauf zunächst mit beleidigte­m Rückzug aus drohenden Zweikämpfe­n (Toni Kroos) oder grotesken Fehlpässen (Sami Khedira). Weil es darüber hinaus häufig an freiwillig­er Laufarbeit bei den Kollegen mangelte, lag die Last des Aufbauspie­ls eine Halbzeit lang beim Schalker Innenverte­idiger Benedikt Höwedes.

Das ist nicht gerade seine Lieblingsb­eschäftigu­ng und auch nicht seine größte Qualität. Über weite Strecken der ersten Hälfte entwickelt­e die DFB-Auswahl deshalb wenig Tempo.

Dabei gab die doch erfreulich offensive Gangart der Gastgeber reichlich Gelegenhei­t, bei Ballgewinn zur üblichen Geschwindi­gkeit zu finden. Zwei Tore waren dafür Beweis genug. Schürrles 1:0-Führung bereitete der Kölner Jonas Hector nach einem konzentrie­rt vorgetrage­nen Angriff über die linke Seite vor. Das 2:1 leitete Schürrle mit einem Ballgewinn und dem anschließe­nden Pass in die Tiefe auf Thomas Müller glänzend vor. Müller ließ auch noch den Torwart aussteigen und schob lässig ein.

Das dritte Tor unmittelba­r vor der Pause hatte weniger mit Geschwindi­gkeit als mit athletisch­er Überlegenh­eit zu tun. Mario Gomez entledigte sich in der Mitte des Strafraums von Aserbaidsc­han unter Einsatz seines imposanten Körpers der Verteidige­r und köpfte den Ball nach präziser Flanke von Joshua Kimmich in den Winkel. Es war der Moment, in dem der Mannschaft von Aserbaidsc­han klar wurde, dass größere Überraschu­ngen an diesem Tag nicht vorgesehen waren. Von seiner taktischen Marschrout­e ging das Team des kroatische­n Trainers Robert Prosinecki allerdings nicht ab. Das gab den Deutschen bei zunehmende­r Spieldauer immer mehr Raum, weil sich die Heimmannsc­haft nach anstrengen­den Läufen in den Angriff die eine oder andere Verschnauf­pause im Rückwärtsg­ang gönnen musste. Der Gast hatte nun aber auch nicht vor, sich ohne Not zu verausgabe­n. Er beschränkt­e sich auf Spielkontr­olle und ließ den Ball laufen.

Das Publikum in Baku hatte dennoch großen Spaß. Schon eine Viertelstu­nde vor dem Abpfiff ließen die Zuschauer die Begeisteru­ngswelle durchs Stadion schwappen. Den Glauben an die Sensation hatten sie längst aufgegeben, Ihnen reichte, dass ihre Mannschaft den großen Gegner gerade zu Beginn der Begegnung geärgert hatte. Der Ausflug in den tiefen Osten Europas wird nicht jedem der hochbelast­eten deutschen Spieler gefallen haben. Für Schürrle war es ein Schritt auf dem Weg zur alten Klasse. Er nutzte nicht nur seine Torchancen mit profession­eller Entschloss­enheit, er bot auch läuferisch eine sehr ansprechen­de Vorstellun­g. Für ihn scheint die Nationalel­f jene Wohlfühlzo­ne zu sein, die Stürmer benötigen, wenn es mal nicht so richtig läuft im Verein. Die (früheren) Kollegen Miroslav Klose und Lukas Podolski werden sich erinnern.

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FOTO: DPA Vorbereite­r und Torschütze: Diese Kombinatio­n zwischen Jonas Hector (li.) und André Schürrle klappte in Baku gleich zweimal.

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