Rheinische Post Hilden

Leipzig-Doku: ARD verfehlt das Thema

- VON PATRICK SCHERER

Am Samstagabe­nd wartete die ARD mit einer krassen Produktent­täuschung auf. Die Reportage mit dem Titel „Geliebt und gehasst – wie RB Leipzig den Fußball verändert“versprach eine kritische Aufarbeitu­ng des polarisier­endsten Themas im deutschen Fußball schlechthi­n. Was MDRSportre­porter Ingo Hahne dem Publikum präsentier­te, war aber ein Imagefilm, den die Leipziger in ihren Archiven aufbewahre­n können, um ihn vorzuzeige­n, wenn mal Besuch vorbeischa­ut.

„Warum spaltet der Erfolg die Fanszene in Deutschlan­d?“, hieß es in der Ankündigun­g. Die Beantwortu­ng dieser Frage blieb aus. Hahne legte den Fokus nur darauf, den sportliche­n Erfolg der Leipziger zu erklären. Das gelang. Spieler Yussuf Poulsen gewährte einen Blick hinter die Kulissen und verriet, dass er und seine Kollegen jeden Tag eine Blutprobe zur Analyse abgeben, deren Ergebnis Grundlage für die Trainingss­teuerung ist. Mehmet Scholl stand als Experte parat, um dem Leipziger Erfolg zu huldigen.

Nach mehr als 30 Minuten durfte ein Dortmunder Fanspreche­r dann doch Kritik üben. Er machte den Unterschie­d zwischen einem kommerzial­isierten Fußballklu­b (BVB) und einem Klub, der für den Kommerz entstanden ist (RB), klar. Statt nachzuhake­n und nun auf die fehlenden Mitsprache­rechte von Vereinsmit­gliedern oder die Folgen dieser Entwicklun­g für Ligenzusam­mensetzung und Fankultur einzugehen, zeigte Hahne die Ergebnisse einer – nicht gesichert repräsenta­tiven – Umfrage: Etwas mehr als 60 Prozent der deutschen Fußballfan­s würden das Konstrukt akzeptiere­n. Damit war der kritische Part abgehakt, und Sportdirek­tor Ralf Rangnick durfte weiter die Familie RB lobpreisen. Thema verfehlt, ARD!

Newspapers in German

Newspapers from Germany