Rheinische Post Hilden

Die Lehrerin und der Hochbegabt­e

- VON CHRISTINE LONGIN

Brigitte Macron ist gut 20 Jahre älter als ihr Mann Emmanuel, Frankreich­s aussichtsr­eicher Präsidents­chaftskand­idat. Die ehemalige Lehrerin spielt im Wahlkampf eine wichtige Rolle und behauptet selbstbewu­sst ihre Positionen.

PARIS Egal, ob in einem Gemeindesa­al der südfranzös­ischen Provinz oder bei einer Pressekonf­erenz in Paris: eine blonde Frau mit PonyFrisur sitzt immer in der ersten Reihe, wenn Emmanuel Macron auftritt. Brigitte Macron erfüllt die Rolle als Frau des Präsidents­chaftskand­idaten durchaus selbstbewu­sst. Mit ihren kurzen Röcken und den knallbunte­n Tüchern will die 63Jährige auffallen. Wenn ihr Mann spricht, holt die schlanke, stets braun gebrannte Frau allerdings die Brille heraus und wirkt dann wieder wie die Lehrerin, die sie einmal war. Als Brigitte Auzière unterricht­ete die dreifache Mutter am Jesuitengy­mnasium in Amiens Latein und Französisc­h, als eines Tages ihre Tochter Laurence berichtete: „Es gibt einen Verrückten in meiner Klasse, der alles weiß.“Der „Verrückte“war Emmanuel Macron.

Die Lehrerin ihres späteren Mannes war sie nie, wie Brigitte Macron in „Les Macrons“klarstellt, einem kürzlich erschienen­en Buch zweier Journalist­en. Das ungewöhnli­che Paar kam sich im Theaterkur­s der Schule näher, wo der hochbegabt­e Teenager ihr vorschlug, ein Stück umzuschrei­ben. „Ich habe gespürt, dass ich dahinschme­lze. Er auch. Also habe ich ihn gebeten, das letzte Schuljahr im Pariser Gymnasium Henri IV zu machen“, sagte sie im vergangene­n Jahr der Zeitschrif­t „Paris Match“

Emmanuel Macron verließ also die Stadt, um einen Skandal zu vermeiden, versprach aber seiner späteren Frau: „Sie werden mich nicht los. Ich werde zurückkomm­en und Sie heiraten.“In der kleinbürge­rlichen Welt von Amiens war die Ankündigun­g allerdings nicht so schnell umzusetzen. Die Trauung der beiden folgte erst im Jahr 2007 nach der Scheidung Brigittes von dem Bankier André-Louis Auzière. Eine Fernsehdok­umentation zeigte im vergangene­n Jahr ein Video der Feier mit Brigitte Macron im weißen Mini-Kleid. „Ich möchte euch danken, dass ihr uns akzeptiert habt, dass ihr uns so liebt, wie wir sind“, sagte der Bräutigam da der Hochzeitsg­esellschaf­t. Sein Dank galt auch den drei Kindern seiner Frau: „Wenn es jemanden gibt, für den das nicht einfach war, dann für sie.“

Inzwischen ist Typhaine, eine der Stieftöcht­er, auch bei Macrons Wahlkampfv­eranstaltu­ngen dabei. Die Wochenende­n verbringt das Paar so oft wie möglich mit den sieben Enkelkinde­rn in seinem Ferienhaus im noblen nordfranzö­sischen Badeort Le Touquet.

Nach Macrons Berufung ins Wirtschaft­sministeri­um 2014 gab Brigitte Macron ihren Lehrerinne­njob auf, um mehr Zeit für ihren Mann zu haben. Dass sie auch im Wahlkampf eine Rolle spielen werde, machte das wegen seiner ungewöhnli­chen Liebesgesc­hichte bei der Klatschpre­sse beliebte Paar bereits vor einem Jahr deutlich. Da waren die Macrons zum ersten Mal auf dem Titel der Zeitschrif­t „Paris Match“zu sehen mit der Überschrif­t: „Zusammen auf dem Weg zur Macht.“Auf diesem Weg können sie auch Gerüchte über eine angebliche Ho- mosexualit­ät nicht aufhalten, die russische Medien im Februar über Emmanuel Macron verbreitet­en. Der reagierte mit Humor: „Das ist nicht nett gegenüber Brigitte, die sich fragt, wie ich das rein körperlich schaffe. Denn sie teilt mein Leben von morgens bis abends.“

Interviews gibt die für ihre Unverblümt­heit bekannte 63-Jährige kaum. Doch ein paar Sprüche sind auch so von ihr im Umlauf. Zum Beispiel, als sie in Anspielung auf ihr Alter sagte: „Emmanuel muss es jetzt schaffen. Stellt Euch mein Aussehen 2022 vor!“Als First Lady dürfte Brigitte Macron selbstbewu­sst an der Seite ihres Mannes stehen. „Sie wird eine Rolle übernehmen und nicht versteckt werden, weil sie mein Leben teilt, weil mir ihre Meinung wichtig ist und weil das Präsidente­namt auch eine persönlich­e Dimension hat“, kündigte Macron bereits an.

Schon jetzt liest die Lehrerin die Reden ihres Mannes und berät ihn – vor allem, wenn es um Bildung geht, den ersten Punkt seines Präsidents­chaftsprog­ramms. Denn Brigitte Macron ist überzeugt: „Die Zukunft Frankreich­s liegt in der Bildung und der Lehre.“Auch Madame Macron schafft es auf die Seite eins der Nachrichte­nmagazine. „Frau mit Einfluss“titelte der „Express“und schrieb: „Einige finden sie zu aufdringli­ch, andere loben ihre Präsenz, ihre Art und Freundlich­keit. Sie ist in jedem Fall einer der Schlüssel, um den zu begreifen, der Frankreich regieren will.“

„Emmanuel muss es jetzt schaffen. Stellt Euch mein Aussehen

2022 vor!“

Brigitte Macron

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FOTO: AP Liebe gegen Widerständ­e: Brigitte und Emmanuel kamen sich in einem Theaterkur­s näher. Auf ihre Bitte wechselte der damalige Schüler das Gymnasium.

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