Rheinische Post Hilden

Wann beginnt eigentlich der Wahlkampf?

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Man stelle sich vor, es ist Wahlkampf, und kaum jemand merkt was davon. So ähnlich dürfte es derzeit vielen Bürgern in NRW gehen. Gewiss: Die Kommunen erlauben Wahlplakat­e erst wenige Wochen vor dem Wahltag, doch die Kandidaten haben sich schon warmgelauf­en. Am Wochenende werden die Parteien ihren Wahlkampf nun offiziell eröffnen. Die SPD mit Kraft, Schulz und Scholz in Essen, die Union mit Laschet und Merkel in Münster und die FDP in Hamm.

Die Liberalen wollen dort besiegeln, dass sie nach der Wahl am 14. Mai nicht für eine „Ampel“zur Verfügung stehen, also keine Koalition aus SPD (rot), FDP (gelb) und Grünen eingehen werden. Das kann man für politisch klug halten, man kann sich aber auch darüber wundern. Denn FDP und Grüne in NRW sind einander spinnefein­d. Doch während die Liberalen eine Ampel

Noch ist an Rhein und Ruhr nicht viel von der harten politische­n Auseinande­rsetzung zu spüren. Hannelore Kraft und ihr Herausford­erer Armin Laschet kommen einem manchmal wie ein vertrautes Pärchen vor.

mit der SPD ausschließ­en, würden sie wohl eine Ampel unter Führung der CDU mitmachen. Wie FDP und Grüne da miteinande­r klarkommen wollen, bleibt schleierha­ft.

FDP-Chef Christian Lindner, den es erklärterm­aßen nach Berlin zieht, will bis zur Bundestags­wahl im Landtag bleiben und dafür sorgen, dass die Liberalen Kurs halten. Das geschieht nicht ganz uneigennüt­zig: Sollte die FDP im Herbst bei der Bundestags­wahl an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, würde Lindner in Düsseldorf bleiben und weiter sein Landtagsma­ndat ausüben. Er ist nun mal Berufspoli­tiker, der auch davon lebt, dass sein Rat und seine Analysen geschätzt (und bestens dotiert) werden.

Obwohl die FDP mehr Übereinsti­mmung mit den Christ- als mit den Sozialdemo­kraten sieht, lässt Lindner kaum eine Gelegenhei­t aus, der CDU Linkstende­nzen zu unterstell­en und sie als „sozialdemo­krati- siert“zu schmähen. CDU-Chef Armin Laschet, der mal der Bonner „Pizza-Connection“von jungen Unionspoli­tikern und Grünen angehört hat, mag das missfallen, doch mit seinem Duzfreund Christian will er sich’s ebenso wenig verderben wie mit Hannelore Kraft. Wer weiß, ob man sich nicht schon bald in einer Koalition wiederfind­et? Wahrschein­lich denkt Kraft genauso. Jedenfalls kommt es einem mitunter so vor, als seien sie und ihr Herausford­erer ein vertrautes Pärchen. Kein Wunder auch, dass Laschet nichts von einer Klage gegen Krafts Regierung in Sachen Frauenbefö­rderung wissen will. Es gibt Unionspoli­tiker, denen der Kuschelkur­s ihres Chefs mächtig auf die Nerven geht. Aber abwarten: Der Wahlkampf in NRW hat ja noch gar nicht richtig begonnen.

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