Hilferuf von der Rütli-Schule
Eine Hauptschule im Berliner Bezirk Neukölln wurde Ende März 2006 zum Sinnbild eines versagenden Schulsystems. Die Lehrer der Rütli-Schule hatten sich entschieden, mit ihren Problemen an die Öffentlichkeit zu gehen. In einem Brandbrief schrieben sie davon, wie schwierig Integration sei, wenn rund 90 Prozent der Schüler Migrationshintergrund haben, jedoch kein einziger Lehrer. Sie berichteten von Perspektivlosigkeit, von Leistungsverweigerung, von Gewalt. „Der Intensivtäter wird zum Vorbild“, warnten sie. Doch nachdem das Kollegium sein Schreiben an die Behörden gesendet hatte, geschah erst einmal – nichts. Erst als die Pädagogen den Brief an die Medien weiterleiteten und „Der Tagesspiegel“ihn am 30. März 2006 veröffentlichte, gerieten die Dinge ins Rollen. Einen Tag später mischte sich die Bundeskanzlerin in die Diskussion ein. Weitere Schulleiter von Hauptschulen forderten öffentlich die Abschaffung der Schulform. Nur vier Tage später bekam die Rütli-Schule endlich wieder einen Schulleiter – die Stelle war über Monate vakant gewesen. Heute gilt die ehemalige Hauptschule als Vorzeigeprojekt. Sie wurde mit einer Realschule und einer Grundschule zusammengeschlossen und bekam als Gemeinschaftsschule eine gymnasiale Oberstufe. „Rütli“steht heute für eines der erfolgreichsten Schulprojekte Berlins – das mit einem Brief aus Verzweiflung seinen Anfang nahm.