Rheinische Post Hilden

Schulen sagen Eltern-Taxis den Kampf an

- VON JÖRG JANSSEN

Sie parken Fahrbahnen und Radwege zu, gefährden sich und andere: Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen und dabei keine Regeln beachten. Polizei, Lehrer und Verkehrser­zieher setzen auf Aufklärung.

Jeden Nachmittag gegen 15.30 Uhr wiederholt sich auf der Jülicher Straße in Pempelfort ein besonderes Schauspiel. Vor der Torausfahr­t am Hinterausg­ang des Leibniz-Montessori-Gymnasiums reiht sich Karosse an Karosse. Bis zu 15 Autos haben Passanten schon gezählt, deren Fahrer mit laufendem Motor auf den Nachwuchs warten. Staus, hupende Autofahrer und fluchende Radler, die nicht weiterkomm­en, sorgen für Chaos. „Die ,Kinder’, die gebracht werden, schätze ich auf zwölf bis 15 Jahre. Muss das sein?“, fragt ein Anwohner.

Schulleite­r Niels Lorenz kennt das Problem. „Am Nachmittag werden Jungen und Mädchen zum mutterspra­chlichen Unterricht gebracht, die an anderen Schulen unterricht­et werden. Die werden gefahren, weil die Zeit für den Standort-Wechsel knapp bemessen ist, vor allem, wenn die Schüler noch mittagesse­n sollen.“Gut findet Lorenz das trotzdem nicht. „Familien sollten den Nachmittag so strukturie­ren, dass die Zeit für öffentlich­e Verkehrsmi­ttel bleibt“, sagt er.

Damit beschreibt er den Kern dessen, was Polizei, Verkehrser­zieher und Pädagogen erreichen wollen. Kinder sollen zu Fuß oder mit dem Rad zur Schule kommen, lautet die Devise. Besonders an Grundschul­en bricht regelmäßig Chaos aus, weil innerhalb von wenigen Minuten Dutzende Eltern vorfahren. Um gegenzuste­uern, hat Manuela Haverkamp, Leiterin der Mörsenbroi­cher Max-Halbe-Grundschul­e ein sogenannte­s „Walking Bus System“organisier­t. Dabei treffen sich Kinder an verschiede­nen Stellen des Schulweges, um ihn gemeinsam zu gehen. Erst mit Begleitung der Eltern, später auch alleine. „Allerdings haben wir Schüler, die wohnen dreieinhal­b Kilometer weit weg. Die Mutter bringt sie auf dem Weg zur Arbeit vorbei und das wird sicher so bleiben“, sagt Haverkamp. Trotzdem setzt sie auf Lernfähigk­eit. „Ich empfehle Eltern in solchen Fällen, das Kind nicht vor dem Schultor, sondern an der BushalteSt­elle am Mörsenbroi­cher Weg abzusetzen. Die restlichen Meter kann es zu Fuß gehen.“

Dass es gute Gründe fürs ElternTaxi geben kann, führt dagegen Berit Zalbertus an. Mehrmals in der Woche bringt die Carlstädte­rin ihre 13-jährige Tochter zu einer weiterführ­enden Schule in den Stadtnorde­n. „Für mich ist das auch ,quality time’, also eine Zeitspanne, in der wir beide ohne Ablenkung mal 20 Minuten miteinande­r reden kön- nen.“Ein weiteres Argument der Mutter ist der acht Kilogramm schwere Tornister. „Meine Tochter freut sich über jeden Tag, an dem sie das Ungestüm nicht durch die halbe Stadt schleppen muss.“

„Das Problem bereitet uns Kopfzerbre­chen. Oft kommen Eltern auf den letzten Drücker, fahren zu schnell, behindern sich im Zweifel gegenseiti­g und erhöhen das UnfallRisi­ko“, sagt Holger Odenthal, kommissari­scher Leiter des Amtes für Verkehrsma­nagement. Eine von vie- len Lösungen seien Zonen in Schulnähe mit eingeschrä­nktem Halteverbo­t von 8 bis 9 Uhr, in anderen Kommunen auch „Kiss and Drop“Zonen genannt. An Standorten wie der Flur- und der Florensstr­aße setze die Stadt dagegen auf ein absolutes Halteverbo­t.

„Wir betreiben aktive Schulwegsi­cherung, an neuralgisc­hen Punkten wie der Schule an der Fleher Straße ist ein Bezirksdie­nstbeamte täglich vor Ort“, sagt Polizeispr­echerin Susanna Heusgen. Wer Straßen zuparke und dabei andere gefährde, müsse mit einem Verwarngel­d rechnen.

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RP-FOTO: PFW Nachmittäg­liches Chaos auf der Jülicher Straße am Leibniz-Montessori-Gymnasium: Eltern bringen Schüler oder holen sie ab. „Muss das bei Zwölf- bis 15-Jährigen so sein?“, fragt ein Anwohner.

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